Tsingtau und Japan 1914 bis 1920
Historisch-biographisches Projekt


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»Mit der S.M.S. Kaiserin Elisabeth in Ostasien«

Das Tagebuch eines Unteroffiziers der k.u.k. Kriegsmarine (1913-1920). Bearbeitet und herausgegeben von Peter Pantzer und Nana Miyata.
 

KirchnerInhaltsangabe (auf der 4. Umschlagseite): »Die S.M.S. Kaiserin Elisabeth hatte sich bereits ein Jahr lang in chinesischen und japanischen Gewässern und Häfen aufgehalten, als der Kreuzer und seine Mannschaft – darunter der junge österreichische Unteroffizier Friedrich Kirchner – ganz unverhofft zur Teilnahme am Weltkrieg verpflichtet wurden. Bedingt durch die Bündnisse zwischen Österreich und Deutschland sowie zwischen England und Japan, waren aus bis dahin befreundeten Staaten plötzlich Gegner geworden. Friedrich Kirchner hat über die Kampfeinsätze und seine Kriegsgefangenschaft minutiös Tagebuch geführt. Darin schildert er die Kämpfe um den deutschen Marinestützpunkt Tsingtau gegen die Übermacht der Japaner und die Jahre seiner Kriegsgefangenschaft in Japan. Im dortigen Lager warteten 300 Österreicher auf das Kriegsende und haben später keine schlechten Erinnerungen mit nach Hause gebracht. Das Tagebuch wird hier in einer kommentierten Ausgabe vorgelegt und enthält eine historische Einführung.«

Herausgeber: »Nana Miyata ist Gastdozentin am Institut für Neuzeit- und Zeitgeschichtsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Peter Pantzer ist emeritierter Professor für Japanologie an der Universität Bonn. Er lebt in Wien.«

Wien: Böhlau Verlag 2019. Fester Einband, Lesebändchen. 389 Seiten. Mit 62 Abbildungen. ISBN 978-3-205-23256-8. 45,00 €.


1. Inhalt und Kernaussage

Dass Friedrich Kirchner (1890–1964), Besatzungsmitglied der Kaiserin Elisabeth, ein Tagebuch über seine Zeit in Ostasien (1913–1920) geführt hat, ist seit langem bekannt. Den Herausgebern ist es gelungen, Kirchners Nachkommen von der Sinnhaftigkeit einer Publikation zu überzeugen. In Zusammenarbeit mit dem renommierten Böhlau-Verlag ist ein sehr schönes Buch entstanden, das sich in den Rahmen des Projekts »150 Jahre Beziehungen zwischen Japan und Österreich« einfügt.

Im Einzelnen besteht das Buch aus folgenden Teilen:


2. Quellen und Sekundärliteratur

Der erste Tagebuch-Eintrag stammt vom 19.08.1913, der letzte vom 21.11.1915. Eine editorische Notiz fehlt, aber zweifellos hat der Japanologe Peter Pantzer, der zahlreiche Schriften zum Thema Japan/Österreich veröffentlicht hat, mit seiner Kollegin die Herausgabe nach den Regeln der Kunst besorgt. Am Originaltext wurde selbstverständlich nichts verändert, abgesehen davon, dass einige von Kirchners Exkursen zu Themen, die nicht unmittelbar mit seinen Erlebnissen zu tun haben, weggelassen wurden, worauf in Fußnoten (siehe Nr. 25, 51 usw.) hingewiesen wird.

Die insgesamt 393 (!) Fußnoten dienen im Übrigen dazu, Kirchners Aufzeichnungen zu erläutern, zu ergänzen und, wo notwendig, zu korrigieren. Sie belegen den mit der Herausgabe bzw. Kommentierung verbundenen Aufwand und stellen die Verbindung zu anderen Quellen (z.B. die Berichte von Kapitän Makoviz) und zur Sekundarliteratur her; letztere berücksichtigt viele wichtige deutsch-, japanisch- und englischsprachige Veröffentlichungen.


3. Anmerkungen zum Inhalt

Der Untertitel ist insoweit etwas missverständlich, als Kirchner über den größten Teil seiner Gefangenschaft, nämlich die mehr als vier Jahre im Lager Aonogahara, keine Aufzeichnungen hinterlassen hat (vgl. S. 354). Dieses Phänomen ist jedoch auch von anderen Tagebuch-Schreibern bekannt: Je länger die Gefangenschaft dauerte, desto weniger Lust hatten sie zum Schreiben. Die Aufzeichnungen selbst lassen erkennen, dass sie zeitnah erfolgt sind, also keine spätere Rekonstruktion – was auch häufig vorkommt – darstellen. Insoweit verdient das Tagebuch besondere Beachtung.

Schreibstil und Ausdrucksweise zeigen, dass der Verfasser eine gute Schulbildung und Ausbildung genossen hat. Auch technische und militärische Details werden korrekt und verständlich dargestellt. Verbale Ausfälle gegen die Japaner, die in anderen einschlägigen Schriften häufig vorkommen, fehlen; vielmehr scheint eine gewisse Hochschätzung der japanischen Kultur durch.
 

4. Anmerkungen zur Form

Layout und Schriftbild sind sehr angenehm und lesefreundlich, die Zahl der Druckfehler ist sehr gering.
 

©  Hans-Joachim Schmidt
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