Tsingtau und Japan 1914 bis 1920
Historisch-biographisches Projekt


Krieg

StartseiteKrieg → Chronik 02.11. bis 08.11.


Chronik 02.11. bis 08.11.1914
 

Montag, 02. November 1914

»Parole: Otto« (Gouvernementstagesbefehl Nr. 312)

»Die Seefrontwerke geben von ihren Mannschaften Verstärkungen für die Landstellungen ab.
Nachts wird die Kaiserin Elisabeth versenkt.« (Tageblatt S. 32)
 

Dienstag, 03. November 1914

»Parole: Hubertus« (Gouvernementstagesbefehl Nr. 317)

»Das Elektrizitätswerk ist so stark beschossen, dass es den Betrieb einstellen muss und ist von jetzt ab Tsingtau ohne Beleuchtung.« (Tageblatt S. 32)
 

Mittwoch, 04. November 1914

»Parole: Deutschland« (Gouvernementstagesbefehl Nr. 317)

»Letzte Ausgabe der ›Tsingtauer Kriegsnachrichten‹, einer Wochenzeitung, die während der Belagerung ins Leben gerufen wurde.
Der Feind schafft Sturmmaterial bis ans Haupthindernis, das stellenweise stark beschädigt ist.
Um 8—9 Uhr abends stürmen die Japaner das Haiphoer Wasserwerk. Es geraten dabei 24 Mann der dritten Kompagnie des dritten Seebataillons in Gefangenschaft.« (Tageblatt S. 32-33) 1

»Krankenstand / I. Betten: 818, belegt: 297, frei: 521 / II. Verwundete: 13 schwer, 45 leicht / III. Ansteckende Krankheiten: Amöbenruhr 67 Fälle, Darmtyphus 4, Malariaq 1« (Berichtsentwurf vom Stab des Gouverneurs)
 

Donnerstag, 05. November 1914

»Japanische Sturmkolonnen rücken bis nahe ans Haupthindernis vor. Sie benutzen dabei nicht einmal die aufgeworfenen Schützengräben. Unsere hauptsächlich durch Munitionsmangel geschwächte Artillerie kann den Feind nicht wesentlich behindern. Ein Angriff des Feindes zwischen Infanteriewerk 5 und Watt wird 8 Uhr abends zurückgeworfen. Alle Werke befinden sich im Alarmzustand. Die Unterstände der Werke sind stark zerschossen, die Trümmer werden in den abendlichen Gefechtspausen der feindlichen Artillerie, kurz vor Dunkelheit, so gut wie möglich fortgeräumt. In diesen Pausen erfolgt auch die Ablösung der Wachen, die Proviantverteilung an die in den Zwischenstreichen untergebrachten Mannschaften und die Ueberführung von Reserven an die Werke. Ein Sturmangriff wird abends stündlich erwartet.« (Tageblatt S. 33-34)

»Das Werk ist total zerschossen und ein einziger Trümmerhaufen. Werkhindernis gibt's nicht mehr. Feuerlinie ganz zusammengeschossen. ... Ich halte das Werk, solange es geht.« (Telegramm des Kommandanten des Infanteriewerks 3 an den Kommandeur der Landfront)
 

Freitag, 06. November 1914

»Da die Nacht zum heutigen Tage, abgesehen von einer besonders lebhaften Beschiessung der Infanteriewerke, keinen Angriff des Feindes gebracht hat, wird heute bestimmt damit gerechnet.
Die Shianiwa-Batterie wird wegen Munitionsmangel gesprengt.
Oberleutnant Plüschow verlässt auf der Rumpler-Taube Tsingtau.
Gegen abend wird das Infanteriewerk 3 überaus heftig von feindlicher, schwerer Artillerie beschossen, während die anderen Werke mit Schrapnellfeuer überschüttet werden.
Etwa um neun Uhr abends wird in den Werken ›Grosser Alarm‹ geläutet und die Unterstände von den Mannschaften restlos besetzt. Gegen elf Uhr macht der Feind einen Angriff auf das Infanteriewerk 4. Er wird zurückgeschlagen und ins Werk eingedrungene Japaner werden mit Handgranaten vertrieben. Gegen Mitternacht gelingt es dem Feinde das Infanteriewerk 3 zu umstellen und muss sich das Werk nach einer Stunde ergeben. Danach durchbricht der Feind die Zwischenstreiche 3, die von einem Teil der fünften Kompagnie des dritten Seebataillons, der Pionierkompagnie und Matrosenartillerie besetzt sind. Dabei wird Oberleutnant Charrière tödlich verletzt.« (Tageblatt S. 34-35)
 

Samstag, 07. November 1914

»Ein Teil der feindlichen Infanteriemassen wendet sich früh morgens gegen den Iltisberg und zwingt die Batterie zur Uebergabe. Die in der Nähe befindliche Besatzung der Punktkuppe, unter Führung von Oberleutnant zur See Aye, wird bis auf einen Mann und einen Schwerverwundeten niedergemacht. Unser rechter und linker Flügel wird dann vom Rücken her angegriffen und es entspinnen sich heftige Kämpfe in den Schützengräben der Zwischenstreiche und bei den Werken. Unsere Batterien haben ihren Munitionsbestand verschossen und werden die Geschütze um fünf Uhr morgens gesprengt. Die Infanteriewerke 4 und 2 müssen sich nach zähem Widerstande um 5:30 Uhr ergeben. Eine weitere Verteidigung ist aussichtslos und wird um 6:23 Uhr morgens auf dem Observatorium die weisse Flagge gehisst. Damit erfolgt die Uebergabe der Festung.
Um 3 bis 4 Uhr morgens wird Seiner Majestät Schiff Jaguar versenkt.
Nach der Uebergabe sämtlicher Werke werden die Mannschaften, um 11 Uhr mittags beginnend, nach Fuschanhou in Gefangenschaft abtransportiert.« (Tageblatt S. 35-36)

»Nachdem nach neuntägiger heftigster Beschießung bei Tage und Nacht heute morgen sämtliche Verteidigungsmittel der Festung erschöpft, unsere Stellung in der Mitte durchbrochen und die feindlichen Streitkräfte bis zur inneren Stadt vorgedrungen waren, habe ich mich blutenden Herzens zur Übergabe der Festung entschließen müssen.
Den tapferen Truppen und ihren Führern spreche ich für ihre zähe und erbitterte Gegenwehr und ihre heldenmütige treue Pflichterfüllung meinen wärmsten Dank und meine besondere Anerkennung aus.« (Gouvernementstagesbefehl Nr. 321)
 

Sonntag, 08. November 1914

»Festung nach Erschöpfung Verteidigungsmittel durch Sturm und Durchbruch in der Mitte gefallen. Befestigungen und Stadt vorher durch ununterbrochenes neuntägiges Bombardement von Land mit schwerstem Geschütz bis 28 cm Steilfeuer verbunden mit starker Beschießung von See schwer erschüttert und artilleristische Feuerkraft zum Schluß völlig gebrochen. Verluste nicht genau zu übersehen, aber trotz schwersten anhaltenden Feuers wie durch ein Wunder viel geringer als zu erwarten.« (Telegramm des Gouverneurs an den Kaiser; Absendung vom japanischen Oberkommando vermittelt)2
 

Anmerkungen

1.   Die Gefangenen werden, ebenso wie die vom »Adlernest«, in das Lager Kurume gebracht.

2.   Das »Tageblatt« datiert dieses Telegramm – mit leicht abweichendem Wortlaut – auf den 9. November.

 

©  Hans-Joachim Schmidt
Zuletzt geändert am .