Tsingtau und Japan 1914 bis 1920
Historisch-biographisches Projekt


Lager Osaka

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Verhaltensmaszregeln

 
Diese - im Original zweiseitigen - "Verhaltensmaszregeln" wurden in Osaka gedruckt und galten wahrscheinlich für das dortige Lager. Vielen Dank an Dirk van der Laan für die Kopien.
Die Wiedergabe erfolgt unverändert; wenige Korrekturen sind in [ ] hinzugesetzt.
 

Allgemeine Regeln

1. Die Kriegsgefangenen sind die Vorschriften von Mannszucht und Ordnung, durch den Kaiserlich japanischen Regierungsbehörden bestimmt, aufrechtzuerhalten verpflichtet.
2. Die Kriegsgefangenen haben ihre Religionsfreiheit insofern sie Mannszucht und Ordnung der Kaiserlich japanischen Armee nicht zuwiderhandeln.
3. Die Ehre, das Vermögen, der Körper und das Leben jedes Kriegsgefangenes werden nach Vorschrift vorständig beschützt.
    Die Kriegsgefangenen müssen den Behandlungen der Kaiserlich japanischen Regierungsbehörden vertrauen, nicht denselben zuwiderhandeln.
4. Das Gefangenenheim ist dem Kaiserlich japanischen Kriegsministerium, sowie der Oberaufsicht des hiesigen Garnisonskommandos unterstellt.
5. Die Kriegsgefangenen sind dem Garnisonskommandanten, dem Chef des Gefangenenheims und ihren Stäben unbedingt Gehorsam schuldig.
6. Die Kriegsgefangenen sind den aufsichtshabenden Offizieren und dem Wachthabenden des Gefangenenheims Gehorsam schuldig.
7. Die Kriegsgefangenen müssen die Vorschriften und die Bestimmungen des Gefangenenheims befolgen.
    Wer denselben zuwirderhandelt [zuwiderhandelt], wird nach dem Militärstrafgesetzbuch und der Disziplinarvorschrift der Kaiserlich japanischen Armee bestraft.
    Wer einen Fluchtversuch unternimmt oder unrechtmäszigen Widerstand leistet, begibt sich in eigene Lebensgefahr, weil das japanische Wachpersonal notgedrungen von den Waffen Gebrauch machen musz.
8. Die Kriegsgefangenen können in den Räumen und auf dem Vorderhofe Spiel und Sport machen. Aber ihnen sind alle Verhaltungen von Unordnung oder Gefahr verboten.
9. Die Anzahl der Kriegsgefangenen wird jeden Morgen in der bestinimten [bestimmten] Stunde durch den Aufsichtsoffizier besichtigt.
10. Wünscht jemand auszer der Kantine Sachen zu kaufen, so musz er einen der Aufsichtsoffiziere darum bitten.
    Die Kriegsgefangenen (abgesehen von den Offizieren) dürfen auszer Lier [Bier] keine alkoholhaltige Getränke genieszen.
11. Weil die Haüser [Häuser] des Gefangenenheims hölzern sind, musz es für Verhütung vor Feuersbrunst gesorgt werden.
12. Alle ein- und ausgehenden Postsachen (abgesehen von Wertsendungen, Telegramme und Poketpostsachen nach unten angeführten Ländern) sind portfrei:
    Costa Rica, Kreta, Ethiopia, Siberia.
13. Alle ein- und ausgehenden Telegramme und Postsachen werden vorher durch den Aufsichtsoffizier durchgesehen.
    Von den ausgehenden Telegramme und Postsachen mit Geheimzeichen oder zweidentigen Bemerkungen ist Versendung verboten, sie mögen konfisziert werden.
    Die ausgehenden Postsachen sind, zu zensur des Aufsichtsoffiziers geöffnet, dem Zuständigen zu überreichen.
    Der Aufsichtsoffizier haltet fest das Geheimnis des persönlichen Briefes, wovon er weisz.
14. Alle ein- und ausgehenden Postsachen sind mit einer Anmerkung: "Service des prisoniers de guerre" zu versehen.
15. Alle ein- und ausgehenden Postanweisungen sind nach Vertrag portofrei.
16. Um die Erlaubnis für den Besuch bei Kriegsgefangenen haben Japaner den hiesigen Garnisonskommandeur Fremde das Kaiserlich japanische Kriegsministerium zu bitten.

Für die Offizieren.

17. Wer keinen Fluchtversuch unternimmt und auf Mannszucht und Ordnung der Kaiserlich japanischen Armee den erforderlichen Eid abgelegt hat, der kann unter der Gestattung des Garnisonkommandeurs in der bestimmten Strecke frei Spaziergang machen oder im Privathaus wohnen.
    Jeder kann aber nur dann im Privathaus wohnen, wenn er unter einem besonderen Umstande ist, z. B. mit Frau und Kindern wohnt u. dgl.; er musz vorher vom Kaiserlich japanischen Kriegsminister erlaubt werden.
18. Wem Freispaziergang oder Privathauswohnen gestattet ist, der musz die Vorschriften von Freispaziergang oder Privathauswohnen befolgen, nicht denselben zuwiderhandeln.

Für die Unteroffiziere und Mannschaften.

19. Der rangälteste Unteroffizier hat unter Beaufsichtigung der Aufsichtsoffiziere für Ordnung sowie Gesundheitspflege bei den Unteroffizieren und Mannschaften zu sorgen.
20. Drei Räume bilden einen Verband.
    Ein Unteroffizier oder Gefreite ist Verbandchef.
Jeder Verbandchef sorgt für Aufrechterhaltung der Ordnung bei seinem Verbande und behandelt auch Angelegenheiten von Bitten durch die Kriegsgefangenen u. dgl.
21. Für drei Soldatenhaus befindet sich ein Unteroffizier vom Innendienst (roter Armband).
    Er ist für die Reinhaltung des Quartiers verantwortlich.
    Er führt die Mannschaften zum Essen, unter seiner Aufsicht werden die Geschirre gereinigt.
22. Für drei Soldatenhaus gibt es einen Unteroffizier vom Auszendienst (gelber Armband).
    Er sorgt für Reinhaltung des Quartierhofes.
    Er fuhrt in der bestimmten Stunde die Revierkranken dem Arzt vor und wohnt der Untersuchung bei.
23. Die Küchenkommission bei Kriegsgefangenen übernimmt unter der Kontrolle des Zahlmeisters am Gefangenenheim die Verwaltung der Küche.
    Sie fertigt die Speisekarte für die Weche an, empfängt die Eszwaren im Rohzustande von dem Zahlmeister und überwacht die Mannschaft vom Küchendienst.
    Sie sorgt für die Zubereitung und Verteilung der Speisen, für die Aufbewahrung der Küchengeschirre und -Gerätschaften sowie die Reinigung des Küchenraumes.
24. Jeder musz für Verhütung vor Feuersbrunst sorgen und die Folgenden beobachten.
    a. Streichhölzern, Zigarren- und Zigarettenresten dürfen nicht auszer den Behältern weggeworfen werden.
    b. Auf dem Quartierhofe ist Rauchen verboten.
    c. Der Unteroffizier vom Innendienst sorgt dafür, dasz das Feuer in den Feuerbecken der Mannschafträume 1/4 Stunde vor dem Abendapell gelöscht wird.
25. Bei Feuerausbruch greifen die Nächststehenden nach den Feuerlöschapparaten und geben sich Mühe zu löschen. Dabei ist die Wache durch den Ausruf "Kaji! Kaji!" sofort zu benachrichtigen.
26. Zur Ubermitterung der Befehlen und Meldungen an die Kriegsgefangenen findet eine Versammlung um nachmittags 2 Uhr statt.
    Der Offizier vom Dienst (durch den rangältesten Offizier angewiesen), alle Unteroffiziere und Mannschaften vom Dienst versammeln sich um nachmittags 1.50 Uhr vor das Geschäftszimmer des Gefangenenheims.

©  Hans-Joachim Schmidt
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