Tsingtau und Japan 1914 bis 1920
Historisch-biographisches Projekt


Japanische Lager (Allgemeines)

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Bestimmungen für den Postverkehr

Die deutschen Gefangenen in Japan konnten regelmäßig Post (Karten, Briefe, Päckchen und Pakete) von ihren ihren Angehörigen und Freunden empfangen. Dafür mussten allerdings bestimmte Regeln beachtet werden.
Die Stadt Magdeburg hat diese Regeln in einem Merkblatt zusammengefasst, das freundlicherweise vom Stadtarchiv Stendal zur Verfügung gestellt wurde.
 

Bestimmungen über den Verkehr mit in Japan befindlichen Zivil- und Kriegsgefangenen

Im Schriftwechsel mit den Gefangenen ist es am ratsamsten, sich auf Postkarten zu beschränken, da diese die Empfänger erfahrungsgemäss am schnellsten erreichen und in einigen Lägern überhaupt nur Postkarten erlaubt sind. Will man es trotzdem mit Briefen versuchen, so sind diese möglichst kurz zu halten und nicht zu schliessen. Briefe und Postkarten sind portofrei mit dem Vermerk "Kriegsgefangenen-Sendung" zu versehen und dürfen wie gewöhnliche Briefe durch den Briefkasten expediert worden.

Auf den Briefbögen sollte unbedingt der volle Name des Empfängers vermerkt sein, denn es ist sonst leicht möglich, dass die Dolmetscher, welche die Briefe bei der Kontrolle dem Couvert entnehmen, nicht mehr wissen, in welches Couvert dieselben gehören und Verwechslungen vorkommen, was durch Anbringung des Vor- und Nachnamens des Empfängers auf den Briefbögen vermieden wird. Wir empfehlen noch, keine Briefumschläge mit Seidenpapierfutter zu verwenden, denn es ist uns aus verschiedenen Lägern bekannt geworden, dass Briefe mit derartigen Umschlägen ohne Weiteres vernichtet werden, weil das Futter mehrfach zur Uebermittlung geheimer Nachrichten benutzt'worden ist.

Falls das Unterbringungslager bekannt ist, muss die Adresse Vor- und Zuunamen, das Unterbringungslager bezw. das Lazarett aufweisen und muss der Absender vermerkt sein. — Nachstehend ein Beispiel für solche Adresse:
Kriegsgefangenen-Sendung
 
Au prisonnier de guerre
H e i n r i c h M ü l l e r
de Tsingtau, III. See-Bat.   3. Comp.
Depot des prisonniers de guerre
      F u k u o k a
      Japan
[dazu am linken Rand: Absender: N.N.]

Ist nur bekannt, dass sich der Gefangene in Japan befindet, aber nicht der Name des Gefangenenlagers resp. Lazaretts, muss der Brief an: Bureau de renseignement pour prisonniers de guerre, Tokyo, Japan adressiert sein und Vor- und Zunamen, sowie Dienstgrad und Truppenteil des Gefangenen aufweisen, also zum Beispiel:
Kriegsgefangenen-Sendung
 
Au Bureau de renseignement pour prisonniers de guerre
      T o k y o
      Japan
pour H e i n r i c h M ü l l e r
de Tsingtau (III. See-Bat.   6. Comp.
[dazu am linken Rand: Absender: N.N.]

Die Sendungen durch irgend welche Behörden oder Instanzen des In- und Auslandes, z. B. das Rote Kreuz in Genf zu senden, ist zwecklos.

Es empfiehlt sich, den Text sowie auch die Adresse unbedingt mit lateinischen Buchstaben deutlich zu schreiben. Dieses erleichtert den Dolmetschern, welche die

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Postsachen vor der Ablieferung prüfen, die Erledigung und trägt deshalb zur schnelleren Zustellung an die Empfänger bei. Wenn Absender und Empfänger die englische Sprache verstehen, dürfte es sich empfehlen, in englisch zu korrespondieren. Ebenso ist es ratsam, nicht zu häufig zu schreiben; in vielen Lagern dürfen die Gefangenen nicht mehr als eine Postsendung die Woche empfangen.

Warenproben, enthaltend Schokolade, Cigarren usw. im Höchstgewichte von 350 Gramm sind portofrei zugelassen und müssen sehr haltbar verpackt sein; natürlich sind auch diese Sendungen mit dem Vermerk "Kriegsgefangenen-Sendung" zu versehen.

Briefe, Postkarten und Warenproben werden, wenn kein Leitvermerk gemacht ist, via Schweden und Sibirien dirigiert. Will man die Sendungen via Suez gesandt haben, so ist auf den Sendungen "via Schweiz" anzugeben.

Pakete im Höchstgewicht von 5 Kg, ebenfalls portofrei, müssen von einer Auslands-Paketadresse begleitet werden. Den Paketen brauchen keine Zollinhalts-Erklärungen, weder auf weissem noch auf grünem Papier, beigegeben werden. Auf der Vorderseite der Paketadresse ist in dem sonst für die Wertangabe und dem Nachnahmebetrag vorgesehenen Raum noch der Vermerk: "Das Paket enthält keine schriftlichen Mitteilungen" anzubringen. Die Pakete dürfen also keine brieflichen Nachrichten, auch kein Geld oder Zeitungen enthalten und müssen gut verpackt sein, aber so, dass sie leicht geöffnet und wieder verschlossen werden können. Am ratsamsten ist es, die Sachen zunächst in starke Pappkartons zu packen, diese gut zu verschnüren und mit der Adresse des Empfängers zu versehen und dann den Karton in Packleinen einzunähen. Auch bei der Verpackung ist keinesfalls Zeitungspapier zu verwenden. Auf der äusseren Umhüllung ist die Adresse auf aufgenähten Leinen-Etiketten anzubringen. Die Adresse ist genau die gleiche wie bei Briefen, d. h. wie umstehendes Beispiel. Die Pakete können gleichfalls in Wahl des Absenders "via Schweiz" oder "via Schweden und Russland" gesandt werden, und ist der entsprechende Leitvermerk sowohl auf die Pakete als auf die Paketadressen zu schreiben.

Für Postanweisungen ist das für den Auslands-Verkehr bestimmte Formular zu verwenden. Die Vorderseite muss folgende Adresse tragen: "Oberpostkontrolle, Bern (Schweiz)" oder in der Wahl des Absenders: "Königlich-Schwedisches Postamt in Malmö I (Schweden)". Die Adresse des Empfängers (Vor- und Zunamen, Unterbringungslager oder Lazarett usw.) ist auf der Rückseite des Postanweisungs-Abschnittes genau anzugeben. An der Stelle des für die Freimarke bestimmten Platzes ist die Bemerkung: "Kriegsgefangenen-Sendung, Taxfrei" anzubringen.

Der Betrag, welcher zur Auszahlung gelangen soll, ist, falls das Geld über Bern geschickt wird, in Franken anzugeben, falls über Malmö, in schwedischen Kronen und die Einzahlung bei der Post zum jeweiligen Tageskurs in Mark zu leisten. Absender ist anzugeben.

Bei unseren Nachforschungen und sonstigen Nachfragen nach Gefangenen und Vermissten benachrichtigen wir die Angehörigen, sobald es uns gelungen ist, irgendwie Wissenswertes zu erfahren. Erkundigungen seitens der Angehörigen bei uns sind deshalb unnötig. Dagegen erwarten wir von den Angehörigen, dass sie uns Nachricht zukommen lassen, sobald sie von irgend einer Seite neue Mitteilungen erhalten haben bezw. sobald seine Adresse bekannt geworden ist.

Hilfe für kriegsgefangene Deutsche
Magdeburg, Altes Rathaus
 

©  Adolf Meller, für diese Fassung auch: Hans-Joachim Schmidt
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