Tsingtau und Japan 1914 bis 1920
Historisch-biographisches Projekt


Tsingtauer Militärangehörige in Hongkong/Australien

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Tsingtauer Militärangehörige in Hongkong/Australien
 

I. Aufteilung der verwundeten Gefangenen

Neben den Kriegstoten waren auf Seiten der Verteidiger Tsingtaus mehrere Hunderte Verwundete zu beklagen, die vom deutschen Sanitätspersonal behandelt und gepflegt und nach einigen Wochen dem japanischen Sanitätspersonal übergeben wurden.
Wie es zur Absonderung eines Teils der (Schwer-) Verwundeten kam, wird von Rüfer & Rungas so beschrieben:

»Obwohl die Engländer1 keinerlei Gefangene machten, forderten sie aus Prestige die Unterstellung eines Teiles der Gefangenen unter britische Kommandogewalt, was von den Japanern brüsk abgelehnt wurde. Schließlich wurden den Engländern die Schwerverwundeten gegeben, die die Japaner als Belastung ansahen. Solange diese nicht transportfähig waren, wurden sie in der ehemaligen Pionierbaracke in einem Behelfslazarett gepflegt, bis am 8.2.1915 mit dem Dampfer Tannenfels in fünftägiger Seereise eine Überführung nach Hongkong möglich war.«

Die folgende Tabelle 1 enthält die Namen von 76 Gefangenen, die an der Verteidigung Tsingtaus teilgenommen haben (»Tsingtau-Kämpfer«) und den Briten überstellt wurden. Darunter befanden sich ein deutscher Offizier (*) sowie zwei Besatzungsangehörige des Kreuzers Kaiserin Elisabeth (K).

Tabelle 1: »Tsingtau-Kämpfer«, die über Hongkong nach Australien gelangten (76)
Albrecht, HeinrichAllgayer, MichaelBörner, AlfredBöttger, Karl
Böttger, WalterBreth, JohannBruhn, FranzBuhr, Leo
Buse, EmilDrechsler, DetlefDrechsler, ThomasDriebe, Oskar
Ebelt, RudolfEschmann, HermannFischer, EdmundGabriel, Joseph
Gerdes, FerdinandGöpfert, RichardGöser, AlbertGottschall, Ludwig
Großholz, KarlHansmann, KarlHilbig, OskarHiob, Wilhelm
Hobel, Mathäus (K)Holler, FritzHosemann, ErnstJantzen, Paul
Javorek, PaulKeck, WilhelmKuka, StephanLeibenguth, Heinrich
Link, BernhardLoch, FritzLochner, AdolfLorenzen, Max
Lorenzen, OttoMangin, JohannMarcks, Lothar*Martens, Bernhard
Mende, KurtMeyer, HermannMeyerheinrich, WilhelmMittelberg, Friedrich
Mülhaupt, ErichMüller, CarlPalmer, FriedrichPastorini, Otto
Perkonig, Valentin (K)Petersen, JohannesPetrie, FranzPreiß, Ludwig
Prinke, LudwigReinhold, CurtSahnwald, AlbertSchaarschmidt, Bruno
Schenitzki, RudolfSchlesinger, Fr. Wilh.Schmidt, WilhelmSchottstädt, Richard
Schramm, MaxSieber, AlfredSonnabend, AlbertSpieth, Ludwig
Szameit, HermannVallon, ErnstVogel, LouisWalper, Albert
Warncke, BernhardWarncke, HansWeidel, KarlWerner, Wilhelm
Wiese, KurtWolter, HelmutZanzinger, FriedrichZoelle, Ernst

Nach Rüfer & Rungas bestand das Kontingent aus einem Reserveoffizier (Marcks), zwei Reserve-Vizefeldwebeln (Sahnwald, Weidel), 17 Unteroffiziers- und 56 Mannschafts-Dienstgraden (Summe: 76). Ganz eindeutig ist die Datenlage freilich nicht.2 So ist zum Beispiel unklar, ob sich der Reserve-Unteroffizier Bruhn während der Kampfhandlungen in Tsingtau befand oder in Hongkong aufgegriffen wurde.

Ein besonderes Schicksal hatten zehn weitere Personen, die in den Kurzbiographien erwähnt sind:

 

II. Verhältnisse im Lager Hongkong (1915/16)

Die Gefangenen aus Tsingtau bezogen das am 12.09.1914 eröffnete Lager Hunghorn. Die Unterbringung dort erwies sich als »gänzlich unzureichend« (Rüfer & Rungas). Andere Berichte (z.B. von Dannemann) vermitteln ein differenziertes Bild des Lagerlebens.
 

III. Transport nach Australien (1916)

Über den Transport auf dem Dampfer Empire, der sowohl Militär- wie Zivilpersonen beförderte, schreiben Rüger & Rungas:

»Die Erlebnisse auf diesem Schiff während der 14tägigen Reise stellten nach dem Urteil heute noch Überlebender das Äußerste an Gemeinheit dar, was den Hongkonggefangenen je von ihren Bewachern geboten wurde.«

Die Darstellung von Dannemann bestätigt das negative Urteil insbesondere in Bezug auf Unterbringung, Verpflegung und Behandlung durch die Bewacher; Todesfälle immerhin waren nicht zu beklagen.

Abweichend von Tabelle 1 fehlt in der amtlichen Aufstellung der beförderten Mililtärpersonen der Name Joseph Gabriel.
 

IV. Verhältnisse in den australischen Lagern (1916/19)

Ebenso wie in Japan wurden die gefangenen Militärpersonen in unterschiedlichen Lagern untergebracht. Es fanden auch einige Verlegungen statt, die jedoch hier außer Betracht bleiben.

Parallelen gab es auch in Bezug auf Unterbringung, Verpflegung und andere Aspekte des Lagerlebens bis hin zur Lagerzeitung (»Kampspiegel«). Eine detailliertere Darstellung soll später erfolgen.
 

V. Rücktransport nach Europa (1919)

Der Rücktransport auf dem Dampfer Kursk wurde überschattet vom Ausbruch der »Spanischen Grippe« an Bord des Schiffes. Bis zum Zwischenstopp im südafrikanischen Hafen Durban verstarben 16 Personen, darunter auch der »Tsingtau-Kämpfer« Johannes Petersen. Inwieweit es nach Fortsetzung der Reise noch weitere Opfer gab, ist mir nicht bekannt.

Die Seereise endete in Rotterdam, wo die Gefangenen einen Sonderzug nach Wesel bestiegen. Dort wurden sie offiziell entlassen, d.h. den deutschen Behörden übergeben. Bis zum Eintreffen des Gepäcks verging noch einige Zeit, so dass viele ihre vorübergehende Unterkunft in einer Kaserne erst am 24.07.1919 verlassen und die Weiterfahrt zu ihren Heimatorten antreten konnten.
 
 

Anmerkungen

1.  Korrekter wäre: »Briten«. Der Hinweis auf die (angebliche) Missachtung, welche die Japaner den britischen Verbündeten entgegengebracht haben sollen, wird nicht weiter thematisiert.

2.  Abweichenden Angaben bei den Namen, Dienstgraden und Stammeinheiten wird hier nicht nachgegangen.
 

Literatur
Dannemann
Rüfer & Rungas
 

©  Hans-Joachim Schmidt
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