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Tsingtau und Japan 1914 bis 1920
Historisch-biographisches Projekt
Vereinigung ehemaliger Japan-Kriegsgefangener
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Die Vereinigung ehemaliger Japan-Kriegsgefangener
Die "Vereinigung ehemaliger Japan-Kriegsgefangener" bildete sich noch während der letzten Wochen der Gefangenschaft. Sie verstand sich als die Interessenvertretung der gefangenen Unteroffiziere und Mannschaften und setzte sich zum Ziel, deren ideelle und vor allem materielle Interessen nach der Entlassung zu vertreten. Seinen Ausgangspunkt nahm die Gründung offenbar im Lager Kurume.
Hintergrund waren jahrelang sich hinziehende Diskussionen und Auseinandersetzungen zu der Frage, wie die von der Heimat und von den Unterstützungs-Organisationen aufgebrachten Gelder ("Liebesgabengelder") an die Gefangenen verteilt wurden. Die Mannschaften und ein Teil der Unteroffziere sahen sich hierbei benachteiligt gegenüber Offizieren und Beamten.
Das hier abgedruckte Merkbuch der Vereinigung stammt aus dem Nachlass von Johann Klassmann und wurde dankenswerterweise von der Familie Klassmann zur Verfügung gestellt.
Inhaltsverzeichnis (nicht im Original!):
Mit diesem Büchlein will der "Mannschafts-Ausschuß Kurume" den Kameraden in kurzen Worten einiges über die Zwecke und Ziele sagen, die zur Entstehung der "Vereinigung ehem. Japan-Kriegsgefangener" geführt haben und in der Heimat den Behörden gegenüber verfolgt werden sollen.
Der Regierung soll eine Denkschrift überreicht werden, die unsere Forderungen unter eingehender Begründung und unsere Anfragen enthält. Die endgültige Abfassung der Denkschrift erfolgt daheim durch die Vertreter der verschiedenen Japan-Lager, die sofort nach Eintreffen der letzten Heimkehrenden in der Heimat zusammentreten. Die gedruckte Denkschrift wird jedem Mitglied unserer Vereinigung sobald als möglich zugehen.
Unsere Forderungen lauten:
Anmerkungen:
Zu Punkt 2: Die Forderung der Tsingtau-Reisegelder ist zwar bewilligt, aber da die Auszahlung bisher nicht erfolgt ist, muss umgehende Erledigung dieser Angelegenheit gefordert werden.
Zu Punkt 3: Es wird als Entschädigung eine Pauschalsumme verlangt werden und zwar
für aktive Mannschaften des III. S.B. Goldmark 150
für aktive Mannschaften der M.A.K. und Marine Goldmark 250
Für Reservisten eine Pauschalsumme festzusetzen war nicht möglich, da die Beträge zu verschieden von einander sind. Der Regierung wird eine Liste überreicht werden, die die Entschädigungsansprüche in Mex.-Dollar-Währung enthält und auf Grund der ausgefüllten Verlust-Nachweise aufgestellt wird.
Zu Punkte 4 und 5: Es wird empfohlen, die Einzelheiten über Verluste nicht militärischer Natur beim "Ostasiatischen Schutzverband Berlin" einzuziehen.
Unsere Anfragen an die Regierung beziehen sich auf:
Die Anlagen zur Denkschrift bestehen unter anderem aus einer Aufstellung über empfangenes Liebesgabengeld und über den Kursstand zu gewissen Zeitpunkten.
Liebesgabengelder:
Es wurde durchschnittlich monatlich gezahlt (einschließlich Nachzahlung) an:
bis Sept. 1917 | bis Febr. 1918 | bis Sept. 1918 | bis Febr. 1919 | ab März 1919 | |
Mannschaften | 1,30 | 1,30 | 1,55 | 6,55 | 5,00 |
Unteroffiziere | 1,50 | 11,50 | 13,10 | 13,10 | 10,00 |
Feldwebel und Deckoffiziere | (a) 2,00 | 22,00 | 24,65 | 24,65 | 20,00 |
(a) dazu für aktive Feldwebel ein monatlicher Zuschuß von Yen 4.00 aus dem Lager-Liebesgabenfonds |
Außerdem erhielten alle Dienstgrade eine einmalige Monatslöhnung (Mai 1917).
Kurse (annähernd) von Mark zu Yen: 1
Auszahlung in Japan | Siemens-Schuckert | Postanw. Bern | D.A.B. Tientsin | Deutsche B. 2 |
Okt/Nov. 1916 | 226 | 270-280 | 240-243 | |
Okt./Nov. 1917 | 280 | 327-413 | 225 | |
Okt./Nov. 1918 | 300 | 302-417 | 300 | 277 |
Januar 1919 | 360 | 414 | | 273-285 |
März 1919 | 440 | 453-477 | | |
Juni 1919 | 640 | 600 | | |
Juli 1919 | 640 | 800 | | |
September 1919 | 640 | 848 | | |
Oktober 1919 | 751 | 802 | | |
November 1919 | 1680 | |||
Kurse für Spende III | Februar 1919: 440 Mai 1919: 722 Juli 1919: 775 August 1919: 770/832 Oktober 1919: 751 |
Der "Vereinigung ehemaliger Japan-Kriegsgefangener" haben sich in Kurume von 845 Mannschaften 830 als Mitglieder angeschlossen. In den anderen Lagern ist das Verhältnis ähnlich günstig. Es ergeht hiermit die Bitte an alle Mitglieder, zu ihrem eigenen Vorteil jetzt zur Vereinigung zu halten, bis unsere Forderungen, die in Übereinstimmung mit den Mannschafts-Ausschüssen aller Japan-Lager aufgestellt wurden, bewilligt sind.
Die Satzungen der Vereinigung lauten im vorläufigen Entwurf wie folgt:
I. Zweck der Vereinigung
§ 1. Die Vereinigung vertritt der deutschen Regierung gegenüber die Interessen ihrer Mitglieder aufgrund des während der Gefangenschaft aufgestellten und von den Mitgliedern unterschriebenen Programms; sie hat keinerlei politische Bestrebungen.
§ 2. Wenn der beabsichtigte Zweck erreicht ist, löst sich die Vereinigung auf.
II. Mitgliedschaft
§ 3. Mitglied der Vereinigung kann jeder ehemalige Japan-Kriegsgefangene werden.
§ 4. Die Mitgliedschaft erlischt erst mit der Auflösung der Vereinigung.
III. Vorstand
§ 5. Der Vorstand setzt sich aus 6 Mitgliedern zusammen, die aus den Mannschafts-Ausschüssen der einzelnen japanischen Kriegsgefangenenlagern gewählt werden. Von diesen führt ein Mitglied den Vorsitz, ein weiteres Mitglied leitet die Rechnungsführung, ein drittes die Schriftführung und ist gleichzeitig stellvertretender Vorsitzender. Der Vorstand ist ermächtigt, nach Erfordernis sich durch Beisitzer zu erweitern.
§ 6. Der Vorstand ist befugt, selbständig nach bestem Wissen und Gewissen die Verhandlungen mit der Reichsregierung zu führen.
§ 7. Im Falle des Ausscheidens eines Vorstandsmitgliedes tritt der ebenfalls aus den Mannschafts-Ausschüssen der japanischen Kriegsgefangenenlager gewählte Ersatzmann an seine Stelle. Scheidet auch dieser Ersatzmann aus, so ergänzt sich der Vorstand aus den übrigen Ersatzleuten ohne Rücksicht auf Lagerzugehörigkeit.
§ 8. Die Mitglieder des Vorstandes üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Für Reisen im Dienste der Vereinigung steht ihnen freie Bahnfahrt 3. Klasse zu. In besonderen Fällen können auf Antrag einem Vorstandsmitglied die Kosten für den Lebensunterhalt nach schlicht bürgerlichen Grundsätzen während der Dauer der Verhandlungen (einschl. Reise) von den übrigen Vorstandsmitgliedern bewilligt werden.
IV. Organisation
§ 9. Die Vereinigung schließt sich als Sondergruppe der Reichsvereinigung ehemaliger Kriegs- und Zivilgefangener an, vorausgesetzt, daß diese die Sonderforderungen der Japan-Kriegsgefangenen als berechtigt anerkennt.
V. Beiträge und Rechnungsführung
§ 10. Es wird ein Eintrittsgeld von Mark 1,- erhoben. Die nicht am Heimtransport teilnehmenden bezahlen Yen 0,50. Die monatlichen Beiträge richten sich nach denen der Reichsvereinigung ehemaliger Kriegs- und Zivilgefangener.
§ 11. Die Ortsgruppe am jeweiligen Wohnsitze des Rechnungsführers bestimmt 3 Mitglieder zur Rechnungsprüfung, die mindestens jedes Vierteljahr stattzufinden hat. Berichterstattung hat halbjährlich zu erfolgen.
§ 12. Bei Auflösung der Vereinigung werden etwa vorhandene Barmittel gemäß Beschluß des Vorstandes einem wohltätigen Zweck zugewandt.
Die Vertreter der verschiedenen Lager, die zu Vorstandsmitgliedern der Vereinigung gewählt wurden, sind:
Kurume:
P. Wübbeling, Bremen, Rembertistr. 101
Ersatzvertreter: K. Müller, Harburg, Marienstr. 64
Narashino:
P. Cohnen, Mönchengladbach, Viersener Landstr. 36
Ersatzvertreter: F. Schrader, Derenburg am Harz
Bando:
K. Bähr, Radebeul-Oberlößnitz, Louisenstr. 12
Ersatzvertreter: F. Matthes, Bötersen Bez. Bremen
Aonogahara:
Gustav Erdmann, Cuxhaven, Amerikastr. 15
Ersatzvertreter: [...]
Nagoya:
R. Nothnagel, Freiberg in Sachsen, Moritzstr. 10
Ersatzvertreter: [...]
Ninoshima:
[...]
Ersatzvertreter: [...]
(Die fehlenden Namen werden noch bekannt gegeben.)
Nach Ankunft in der Heimat werden wir im Durchgangslager endgültig aus dem Heeresdienst entlassen und abgefunden. Jeder Kriegsgefangene hat nach den bisher bekannt gewordenen Bestimmungen Anspruch auf
Bei Anerkennung seiner Stammrolle muß jedes Mitglied unserer Vereinigung zu seinem eigenen Nutz und Frommen folgenden schriftlichen Vorbehalt machen:
"Meine weiteren Entschädigungs-Ansprüche, deren Vertretung die 'Vereinigung ehemaliger Japan-Kriegsgefangener' übernommen hat, erhalte ich aufrecht."
Zum Abschied allen Kameraden, auch denen, die nicht mir uns heimkehren, ein herzliches "Glück Auf!" in der Zuversicht, daß jeder stets des schönen Dichterwortes eingedenk bleiben wird:
"Ans Vaterland, ans teure, schließ dich an,
das halte fest mit deinem ganzen Herzen,
hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft."
(Schiller, Tell)
Anmerkungen:
1 Lies: 1916 wurden einem Gefangenen für 226 Mark, die er über die Firma Siemens-Schuckert aus der Heimat erhielt, 100 Yen ausgezahlt (1 Mark = 0,44 Yen); im Oktober 1919 mussten 751 Mark eingezahlt werden, damit er 100 Yen erhalten konnte (1 Mark = 0,13 Yen).
2 Im Original: "Deutsche B. Pris. of W. Relief Comit. Yok. Sp. B" – Es ist nicht ganz klar, was hiermit gemeint ist, evtl: "Deutsche Botschaft, Kriegsgefangenen-Entlassungs-Komitee, Spalte B"?
© Hans-Joachim Schmidt
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