Tsingtau und Japan 1914 bis 1920
Historisch-biographisches Projekt


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Die Seestreitkräfte der Japaner und Briten in Ostasien

  1. Die japanische Flotte am 15.08.1914
  2. Vor Tsingtau eingesetzte Schiffe
  3. Daten der Schiffe

 

I. Die japanische Flotte am 15.08.1914

Die beiden gewonnenen Kriege gegen China (1894/95) und besonders gegen Russland (1904/05) hatten die Bedeutung einer schlagkräftigen Marine unter Beweis gestellt und in Japan eine ähnlich ehrgeizige Flottenpolitik wie in Deutschland hervorgebracht. Freilich hatten die Kriegsausgaben die Staatsfinanzen und die ökonomische Ressourcen stark beansprucht; dazu kam eine bis etwa 1910 dauernde Abhängigkeit von ausländischen, insbesondere britischen Zulieferern. Japan war daher nicht sofort in der Lage, bei dem Rüstungswettlauf vorn mitzuhalten, der durch die Kreation eines neuen Großkampfschiff-Standards ausgelöst worden war, nämlich durch das britische Typschiff Dreadnought, welches ein deutlich höheres Gewicht als seine Vergänger hatte und über eine einheitliche großkalibrige Hauptbewaffnung (nach dem Prinzip des »all big gun one caliber battleships«) verfügte.

Bei Kriegausbruch verfügte die japanische Marine deshalb zwar über eine größere Zahl älterer Kampfschiffe, lag aber mit seinen – wohlwollend gerechnet – 6 modernen Großkampfschiffen weit hinter Mächten wie Großbritannien (29) und Deutschland (18) und auch hinter den USA (10) zurück. Im beginnenden Weltkrieg wurde dieses Defizit jedoch mehr als wettgemacht durch den Umstand, dass Japan sich 1914 als einzige kriegführende Großmacht auf ein relativ kleines Einsatzgebiet – Ostasien – konzentrieren konnte und mit einem einzigen Feind zu rechnen hatte, nämlich Deutschland, dessen militärische Präsenz in diesem Gebiet schwach war.

In Tabelle 1 ist der Schiffsbestand der Kaiserlichen Japanischen Marine wiedergegeben; die Zahlen stützen sich auf ein anerkanntes Nachschlagewerk (Conway's All The World's Fighting Ships 1906–1921) und ein vielbesuchtes Internetportal (IJN = Imperial Japanese Navy). Die Differenzen bei den größeren Kampfschiffen sind zum Teil in den Anmerkungen erläutert.
 
Tabelle 1: Schiffsbestand der Kaiserlichen Japanischen Marine am 15.08.1914
TypConwayIJN
Moderne Großkampfschiffe
(»Dreadnoughts«)
Schlachtschiffe(a)42
Schlachtkreuzer(b)22
Ältere Großkampfschiffe
(»Pre-Dreadnoughts«)
Linienschiffe(c)1210
Große Kreuzer(d) 44
KreuzerPanzerkreuzer(e)88
Geschützte Kreuzer1415
Leichte Kreuzer66
Leichte Über- und
Unterwasserkampfschiffe
(Torpedoboots-) Zerstörer5350
Torpedoboote15
Unterseeboote1212
Sonstige KampfschiffeKüstenpanzerschiffe(f)24
Kanonenboote2.
Flusskanonenboote3.
Minenleger/-sucher13.
Wasserflugzeug-Mutterschiffe11
SUMME136129

Anmerkungen:
(a) Die bei Conway gezählten vier neueren Schiffe (Satsuma, Aki, Settsu und Kawachi) waren schwerer als Dreadnought. Die beiden ersten verwirklichten aber das Prinzip des »all big gun one caliber battleship« noch nicht und sind deshalb bei IJN den Linienschiffen zugeordnet.
(b) Der Redakteur hat außer Kongo (1913) auch das seit 04.08.1914 in Dienst befindliche Schwesterschiff Hiei mitgezählt.
(c) Conway zählt hier 4 japanische »Veteranen« der Seeschlacht bei Tsushima (Asahi, Fuji, Mikasa und Shikishima), 2 neuere Linienschiffe (Kashima und Katori) sowie 6 etwas kleinere, ehemals russische Beute-Schiffe (Hizen, Iki, Iwami, Sagami, Suwo und Tango). Bei IJN werden diese »Veteranen« als Küstenpanzerschiffe bezeichnet; gezählt werden mithin die Beute-Schiffe sowie die 4 neueren japanischen Schiffe.
(d) Anstelle »Schlachtkreuzer 2. Klasse« (IJN) wird hier die Bezeichnung »Große Kreuzer« gewählt. Die neueren Schiffe Tsukuba, Ikoma, Ibuki und Kurama waren größenmäßig der deutschen Blücher vergleichbar.
(e) Um 1900 erbaute »armoured cruisers«: Adzuma, Asama, Idzumo, Iwate, Kasuga, Nisshin, Tokiwa und Yakumo.
(f) Conway zählt hier die beiden Beute-Schiffe Mishima und Orinoshima. Bei IJN sind diese – sehr zu Unrecht (siehe unten III)! – gar nicht aufgeführt, dafür die erwähnten »Veteranen«.


 

II. Vor Tsingtau eingesetzte Schiffe

II.1 Japanische Schiffe

Den Japanern war nicht verborgen geblieben, dass das deutsche Kreuzergeschwader schon im Juni seine turnusmäßige Südseereise angetreten hatte. Diese Schiffe zu finden und unschädlich zu machen, war Aufgabe der modernen und schnellen japanischen Schiffe. Für die Eroberung von Tsingtau hingegen schien der Einsatz zweit- oder sogar drittklassiger1 Einheiten auszureichen. Die neuen Großkampfschiffe einschließlich Kongo waren zwar anfangs der Flotte angeschlossen, verließen sie aber bald.

Man mag eine gewisse Ironie darin sehen, dass die größten Schiffe, die schließlich vor Tsingtau eingesetzt wurden, ehemalige russische waren, die Japan 1905 als Beute bzw. Entschädigung erhalten hatte. War doch seinerzeit (1904/05) die 18.000-Seemeilen-Reise des russischen II. und III. »Pazifischen Geschwaders«, dem die meisten Beute-Schiffe angehört hatten, von der Ostsee um Afrika herum bis vor die japanische Küste von deutscher Seite mit Sympathie betrachtet und klammheimlich unterstützt worden!

Die Angaben darüber, welche Teile der japanischen Marine von August bis November 1914 vor Tsingtau zum Einsatz kamen, sind dem Werk von Aßmann (S. 111) entnommen. Zu den kleineren Kampfschiffen und den Hilfsschiffen werden in der Literatur auch abweichende Daten genannt.2

II.2 Britische Schiffe

Von der Royal Navy befanden sich im Sommer 1914 nahe dem Kriegsschauplatz

Neuere und vor allem schnelle Schiffe wurden, wie auch japanischerseits, für die Jagd auf das deutsche Kreuzergeschwader und auf Handelskrieg führende Kreuzer ( (wie Emden) reserviert. Gegen Tsingtau kamen deshalb nur Triumph und 4 Zerstörer – darunter Kennet und Usk – zum Einsatz.
 

III. Daten der Schiffe

III.1 Größe, Bewaffnung und Besatzung

In Tabelle 2 sind einige Grunddaten zu den größeren Schiffen zusammengestellt, welche die Festung bzw. den Marinestützpunkt Tsingtau von See her blockieren und das Landheer bei der Eroberung unterstützen sollten.3 Die Mehrzahl der Schiffe war zwischen 10 und 15 Jahre alt, eines sogar – die als Minenleger bzw. Hilfsschiff eingesetzte Takachiho – 28 Jahre. Erfahrungsgemäß machte sich der altersbedingte Verschleiss zuerst bei den Maschinenanlagen bemerkbar. Hierauf bzw. auf die Schiffsgeschwindigkeit kam es jedoch bei der Erfüllung der Kampfaufgaben nicht an.
 
Tabelle 2: Ausgewählte Daten der vor Tsingtau eingesetzten Schiffe
Typ und Name (in Dienst seit)Wasser-
verdrängung
Hauptbewaffnung
(größte Kaliber)
Besat-
zung
   Linienschiffe:
Iwami (1904, ex Orel)
Suwo (1902, ex Pobieda), Flaggschiff
Triumph (1904), brit.
Tango (1899, ex Poltawa)
 
13.700
12.900
12.000
11.100
 
4 x 30,5 —  6 x 20,3
4 x 30,5 — 10 x 15,2
4 x 25,4 — 14 x 19,0
4 x 30,5 — 12 x 15,2
 
750
732
737
700
   Küstenpanzerschiffe:
Mishima (1896, ex Seniawin)
Okinoshima (1899, ex Admiral Apraksin)
 
4.200
4.200
 
4 x 25,4 — 4 x 12,0
3 x 25,4 — 4 x 12,0
 
400
400
   Panzerkreuzer:
Iwate (1901), Flaggschiff
Tokiwa (1899)
Yakumo (1900)
 
9.750
9.700
9.646
 
4 x 20,3 — 14 x 15,2
4 x 20,3 — 14 x 15,2
4 x 20,3 — 12 x 15,2
 
680
670
670
   Geschützte Kreuzer 1. Division:
Tone (1910), Flaggschiff
Mogami (1908)
Yodo (1908)
   Geschützte Kreuzer 2. Division:
Chitose (1899), Flaggschiff
Takachiho (1886)
Akitsushima (1894)
Akashi (1899)
Chiyoda (1890, offiziell: Panzerkreuzer)
 
4.113
1.350
1.250
 
4.760
3.650
3.100
2.657
2.400
 
2 x 15,2 – 10 x 12,0
2 x 12,0 — 4 x 7,9
2 x 12,0 — 4 x 7,9
 
2 x 20,3 — 10 x 12,0
8 x 15,2
4 x 15,2 — 6 x 12,0
2 x 15,2 — 6 x 12,0
10 x 12,0
 
390
180
180
 
390
364
330
300
350
   Kanonenboote:
Saga (ca.1912)
Uji (1904)
 
785
600
 
2 x 12,0
2 x 12,0
 
130
130
   Torpedobootszerstörer (Beispiele):
Usk (1904), brit.
Kennet (1905), brit.
Shirotaye (1907)
 
590
550
381
 
4 x 7,6
3 x 7,6
6 x 7,9
 
70
70
70
Ferner: Wasserflugzeug-Mutterschiff Wakamiya (als Frachtschiff 1901, Umbau 1914), 7.720 tons, mit 4 Flugzeugen an Bord; Torpedoboot-Depotschiff Kumano Maru (1901), 5.076 BRT; Werkstattschiff Kwanto Maru (1900), 6.193 BRT.

Die hier genannten Zahlen der Schiffsbesatzungen addieren sich auf 8.693, so dass man insgesamt – einschließlich Versorgungsschiffe – von etwa 12.000 Mann »an der Front« ausgehen kann.4
 

III.2 Ergänzende Daten zur Schiffsartillerie

Die artilleristische Stärke der vor Tsingtau eingesetzten Flotte wird durch Tabelle 3 veranschaulicht (Quelle). Die schwere Artillerie (Kaliber 19,0 bis 30,5 cm) konnte insgesamt 57 Rohre aufbieten; Geschütze des größten Kalibers (35,6 cm auf Kongo) standen nicht zur Verfügung. Die Reichweite der Geschütze ermöglichte es, eine effektive Beschießung durchzuführen, ohne sich in den Wirkungsradius der deutschen Seefront-Geschütze begeben zu müssen. Als Triumph einmal die schützende Distanz unterschritt, konnten die Deutschen tatsächlich einen Wirkungstreffer landen.
 
Tabelle 3: Daten zur Artillerie der Blockadeflotte
Geschütztyp
(Kaliber / Seelenlänge)
Rohre
(Stückzahl)
Geschoss-
gewicht in kg
Max. Schuss-
weite in km
12,0 cm (4,7") / L 405820 kg9,0 km
15,2 cm (6") / L 407845 kg9,1 km
19,0 cm (7,5") / L 501491 kg13,1 km
20,3 cm (8") / L 4520113 kg18,0 km
25,4 cm (10") / L 4511225 kg20,5 km
30,5 cm (12") / L 4012332/471 kg25,9 km
35,6 cm (14") / L 40.635 kg35,4 km

 

Anmerkungen

1.  Mit »Klasse« ist hier die relative Wertigkeit des Schiffsmaterials gemeint.

2.  Zum Vergleich siehe z.B. Denis und Saxon, wo deutlich höhere Zahlen für Zerstörer/Torpedoboote genannt werden; diesen Differenzen wird hier nicht weiter nachgegangen.

3.  Die Namen und Daten der Schiffe wurden Conway's Handbuch entnommen, die Besatzungszahl Aßmann; auf kleine Differenzen wird nicht eingegangen.

4.  Insofern besteht eine unüberbrückbare Differenz zu den Angaben von Aßmann (S. 110), der für die gesamte Marine 40.837 Mann angibt, wovon 25.276 Mann »vor Tsingtau verwendet« worden seien.
 

Literatur


 

©  Hans-Joachim Schmidt
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