Tsingtau und Japan 1914 bis 1920
Historisch-biographisches Projekt


Lager Shizuoka

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Besuch des Lagers Shizuoka am 13.07.1918

Bericht von Dr. F. Paravicini
 

Inhalt

  1. Bericht [im Original S. 28-29]
  2. Liste von Invaliden und Kranken [im Original Anhang I, S. 33]

Der Redakteur hat Schreibfehler (in Original oder Abschrift) korrigiert, Abkürzungen ausgeschrieben, Anmerkungen in [...] oder als Fußnoten hinzugesetzt.
 


Bericht

Nächst Nagoya die größte Stadt zwischen Yokohama und Kobe an der Tokaidolinie, 64.000 Einwohner. Hauptort der Präfektur gleichen Namens, berühmt durch gutes Klima, in der Nähe des Meeres und des malerischen Kuno-Berges gelegen. Von uns am 13. Juli 1918 besucht.

Das Lager mit 99 Deutschen, davon 7 Offiziere, und 7 Österreichern, seit dem 9. Dezember 1914 bestehend, ist im zweistöckigen Rotkreuzgebäude ziemlich eng untergebracht. Von den fast 4.000 Quadratmetern Bodenfläche entfallen etwa 700 auf die Gebäulichkeiten. Dem versucht man etwas abzuhelfen durch Benutzung des großen, neben dem Lager liegenden Platzes des Seminars, wo Gelegenheit zu Bewegung, Tennis, Fußball gegeben wird. Außerdem finden 1-2 mal wöchentlich Spaziergänge, z.B. zu den aussichtsreich auf dem Kuno-san gelegenen Erinnerungsstätten der berühmten japanischen Heerführer und Staatsmänner Ieyasu, Nobunaga und Hideyoshi, statt. In der heißen Jahreszeit sind auch Fluß- und Meerbäder gelegentlich gestattet, ebenso Sonnenbäder. Gartenbau, Handarbeit, Lesen, Studium, Schachspiel etc. helfen auch etwas, das schwere Los erträglicher zu machen.

Bücher und Zeitschriften sind ziemlich reichlich vorhanden. Nötig und sehr willkommen sind die hier häufig eingehenden Liebesgaben. Es laufen im Monat pro Mann etwa 7 Poststücke ein, Zensur und Ausgabe finden täglich statt. Gewöhnliche Arbeit, auch Kochen, wird mit 4 Sen im Tag bezahlt. Der Lagerschneider erhält 7 Sen, die draussen in der Stadt arbeitenden 11 Erdarbeiter, 2 Bäcker, 1 Zimmermann und 7 Eisenarbeiter erzielen je nach Leistungen bis zu 40 Sen Taglohn. Die Lagerverwaltung versucht, für möglichst viele solche den Leuten sehr willkommene Arbeit zu finden.

Sämtliche Insassen dieses Lagers waren bei der Einnahme Tsingtaus krank im dortigen Lazarett; jetzt kommen nur noch 4-5 als wirklich körperlich Leidende in Betracht. Näheres siehe Liste am Ende des Berichts. Das Durchschnittsgewicht der Leute ist 81 Kilogramm. Im Lager ist ein Todesfall vorgekommen [Matheis], an akuter, eitriger Hirnhautentzündung, verursacht durch Geschosswunde im Vorderkopf.

Die Gefangenen besuchen den Zahnarzt in der Stadt.

Das Lager wurde am 25. August 1918 nach Narashino verlegt.
 

Liste von Invaliden und Kranken


 

©  für diese Fassung: Hans-Joachim Schmidt
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