Tsingtau und Japan 1914 bis 1920
Historisch-biographisches Projekt
Seestreitkräfte
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Kanonenboot Iltis
Iltis war seit Januar 1900 als Stationsschiff in Fernost und wurde durch seinen Einsatz im Juni 1900 (»Boxeraufstand«) bekannt. Bei Kriegsbeginn 1914 wurden Besatzung und Bewaffnung an andere Schiffe abgegeben bzw. an Land verwendet.
links: Foto © gemeinfrei |
unten: Skizze
© German Navy |
I. Technische Daten1
Schiffstyp | Kanonenboot Schwesterschiff: Jaguar |
Gewicht und Maße | 1.048 Tonnen (voll ausgerüstet), 894 t netto; 726 BRT, 449 NRT Länge 65,20 m, Breite 9,10 m, Tiefgang 3,59 m |
Maschine | 1.378 PSi, max. 14,8 kn |
Bewaffnung | 4 Schnellladekanonen 8,8 cm L/30 (1.124 Schuss);
6 Maschinenkanonen 3,7 cm (9.000 Schuss) |
II. Schiffschronik2
Bau/Umbau | 04.08.1898 Stapellauf bei F. Schichau, Danzig; 01.12.1898 in Dienst gestellt |
Einsätze | 06.02. bis 18.05.1898 Ausreise nach Tsingtau, 1900 Bekämpfung der »Boxer«, 1901-1914 Stationsschiff in Tsingtau, zu Reparaturarbeiten seit 15.06.1914 in Tsingtau; 07.08.1914 nach Abgabe von Bewaffnung und Besatzung an Cormoran (II) und Prinz Eitel Friedrich außer Dienst gestellt |
Verbleib | Rumpf in der Nacht 28./29.09.1914 im Tsingtauer Innenhafen vom Werftpersonal versenkt. |
III. Besatzung3
Etat (Friedensstärke) | zus. 130 Mann (9 Offiziere und gleichgestellte Beamte, 121 Deckoffiziere, Maate und Mannschaften) |
Kommandant | bei Kriegsbeginn: Sachße
Erster Offizier: Andrée; weitere Seeoffiziere: Kahler, Oehler, von Seebach und Steinmetz Ingenieur: Berka; Arzt: Ballerstedt; Zahlmeister: Stern |
Kriegsverluste | im Kampf an Land gefallen: 3 Mann
in Gefangenschaft gekommen: mindestens 76 (davon Japan: 54, USA: 21, China: 1) |
IV. Besatzungsmitglieder am 01.08.19144
Eine vollständige Liste der Besatzungsmitglieder von Iltis scheint nicht mehr zu existieren. Bei Stilllegung des (reparaturbedürftigen) Schiffes in den ersten Augusttagen wurde eine Aufteilung vorgenommen:
a1) Seeoffiziere | |||
Sachße Andrée | Kahler Oehler |
von Seebach Steinmetz (S) | |
a2) Andere Offiziere (I = Ingenieur, A = Arzt, Z = Zahlmeister) | |||
I. Berka (C) | A. Ballerstedt (C) | Z. Stern | |
b) Deckoffiziere | |||
Kabisch (C) | Schmidt (C) | ||
c) Maate und Mannschaften | |||
Ballschmiede* Beckhölter* Blumenfurth* Böhmert Brandau Braun(†) Brede Colbow* Enz* Esser* Fabig |
Flach* Gehrau* Gersdorf Görres* Gudenoge* Haus* Heller* Hußner* Jansen Karcher* Koke* |
Lehnert* Lohmeyer? Luthardt* Meyer(†) Müller* Niemann* Peger Peters Preiss* Ritter Ronozoschek* |
Ruder* Sasse* Schröder Strauss* Süchting* Trede(†) Wedekind* Wilhelm* Wolf* |
Brandt (P) Deike (P) Frank (P) Günther (P) Heuten (P) |
Keim? (P) Lieser (P) Loskant (P) Majewski (P) Meyer (P) |
Plum? (P) Rode (P) Tesche (P) Tomanschefski (P) Ulze (P) | Vehling (P) Wilden (P) |
Ahrens (J) Hedemann (J) Herling (J) | Mauermann (J) Oetje (J) Röhr (J) | Vogt (J) Vohland (J) Weber (J) |
V. Marinegeschichtliche Hinweise
Marinegeschichtlich Interessierte wissen, dass Iltis II im Jahre 1900 ihren bekanntesten Einsatz hatte und dass es vorher einen ebenso bekannten Namensträger (Iltis I) gab.
Das Kanonenboot Iltis (I) war etwa halb so groß wie Iltis (II) und wurde nach Indienststellung 1880 nach Ostasien entsandt, wo es mit einer kurzen Unterbrechung 16 Jahre lang blieb.4
Am 22.07.1896 erhielt das Schiff vom Chef des deutschen Ostasien-Geschwaders, Konteradmiral Tirpitz, den Befehl, eine Erkundungsfahrt zur Bucht von Kiautschou zu unternehmen; die Tirpitz als künftigen Stützpunkt für deutsche Kriegsschiffe ausersehen hatte. Auf der Fahrt dorthin kam Iltis durch Sturm und Strömung vom Kurs ab und strandete am Abend des 23.07. an der felsigen Küste der Halbinsel Schantung; das Schiff zerbrach, wobei 71 Besatzungsmitglieder den Tod fanden.
Soweit sie geborgen werden konnten, wurden die Getöteten auf einem neu angelegten Friedhof in der Nähe der Unglücksstelle bestattet und ein Ehrenmal errichtet.
Ein weiteres, aufwendiges Ehrenmal – siehe Bild links – wurde 1898 in der internationalen Niederlassung in Shanghai errichtet. Im November 1918 umgestürzt, wurde es später den Deutschen zurückgegeben und 1929 im Garten der Deutschen Schule Shanghai neu aufgestellt; es soll während der Kulturrevolution in den 1960er Jahren engültig beseitigt worden sein.5
Iltis (II) wurde 14 Jahre vor dem Untergang weithin bekannt durch ihr Artillerie-Duell mit den chinesischen Taku-Forts am 17.06.1900, welches zur Geschichte des »Boxeraufstands« gehört. Der Schiff erhielt 21 Treffer, 7 Besatzungsmitglieder wurden getötet. Der Kommandant erhielt den Orden Pour le Mérite, und das Schiff durfte – als einziges – ab 1903 »am Flaggenstock der Gösch und den beiden Bordrändern der Beiboote die Nachbildung dieses Ordens führen«.6
Anmerkungen
1. Gröner u.a., Band 1, S. 169
2. Hildebrand/Röhr/Steinmetz, Band 3, S. 101-103
3. Wie Fußnote 1
4. Wie Fußnote 2, S. 98-100
5. Siehe die Broschüre unseres Korrespondenten Adolf Meller (†): Das Iltis-Denkmal (1898); von dort (S. 16) auch das Foto.
6. Wie Fußnote 2, S. 103; das Foto wurde Mielcke (1956b) entnommen.
Weitere Literatur:
© Hans-Joachim Schmidt
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