Tsingtau und Japan 1914 bis 1920
Historisch-biographisches Projekt


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In Tsingtau und in Gefangenschaft

von Johann Winter
 

Die handschriftlichen Aufzeichnungen wurden von Gerda, der ältesten Tochter des Autors, in Maschinenschrift übertragen und zur Verfügung gestellt – hierfür herzlichen Dank!
Die Wiedergabe erfolgt unverändert, jedoch wurde die Rechtschreibung maßvoll modernisiert. Zugunsten der Übersichtlichkeit wurden Zwischenüberschriften eingefügt. Anmerkungen des Redakteurs stehen in [ ] oder in den Fußnoten.
 

Übersicht:

  1. Vorkriegszeit
  2. Krieg
  3. Gefangenschaft
  4. Nachkriegszeit

 

Vorkriegszeit

[...] Wir kamen am 7. November 1905 in Tsingtau an, nachdem der alte kleine Kapitän Hansen von der Tsingtau1 immer kommandiert hatte: »Boy, catchee hot water, lum, sugar, glass and teaspoon« –; das war steifer Grog und der Anfang von Pidgeon English. Ich wohnte erst im Prinz Heinrich Hotel und richtete mir dann eine Wohnung mit einem Boy zur Bedienung ein. Die Marinewerkstatt lag damals an der Stadt, das große 16.000-Tonnen-Dock, der 150-Tons-Kran und die Reparaturwerkstätten in Bau lagen 4 Kilometer davon am Hafen. Da man nicht am Hafen wohnen konnte, musste ich täglich den weiten Weg zum Hafen machen und mit der Barkasse übersetzen. Bald siedelte der ganze Betrieb zum Hafen über, und es wurden dort durchschnittlich 1.000 Chinesen und einige Dutzend Europäer als Meister usw. beschäftigt. Hier habe ich als Betriebsingenieur fünf Jahre das alte deutsche ostasiatische Kriegsgeschwader in Reparatur gehabt und viele nette Menschen, Offiziere und Ingenieure der alten Marine kennen gelernt und war zu manchem Curryessen eingeladen.

In einer kalten Oktobernacht nach einem Abschiedsessen auf Fürst Bismarck fiel ich auf der Rückfahrt vom Boot (chinesischer Sampan) aus in den Hafen, was mir altem Schwimmer nicht weiter schadete. Der Smoking litt nur etwas!

Für die Marine-Bauräte auf der Werft habe ich nichts übrig, ich habe keine Ursache, ihrer angenehm zu gedenken.

In den Jahren 1908-10 baute ich eine Reihe von Fahrzeugen – Leichter, Seeschlepper, Tunnelschlepper – für die Mandschurei, Eisbrecher für Wladiwostok und eine Dampfjacht für einen chinesischen Prinzen. Die Schlepper lieferte ich 1910 in Tientsin während eines Drei-Wochen-Aufenthaltes an eine Firma von Jaspersen aus Newchang ab. Der Mann hat 1937 [1936] in einem Buch »Do Mau«, in dem er seine 30 Jahre China schilderte, dieser Angelegenheit in sehr netter Weise gedacht.

Sonst machte ich noch folgende Reisen während meines Aufenthaltes in China: Mit der Bahn nach Tsinanfu und mit Rikschas nach dem heiligen Berg »Taischan«. Einige Dienst- und Vergnügungsreisen nach Shanghai und Chefoo. Mehrmals besuchte ich Port Arthur. In Cheefoo lebte ein alter Freund, einer der lustigsten Kerls aus dem ganzen Osten, Carl Schmitz aus Köln. Für Lloyds Agenten musste ich mal (Winter 1907) wegen eines gestrandeten Dampfers nach dem Shantung Promontory in die Nähe der Strandungsstelle des Kanonenbootes Iltis2 fahren, um die Bergungsmöglichkeit zu untersuchen. Das Schiff saß aber zu fest auf dem Felsen. Mein Boy, den ich mitgenommen hatte, blieb dann wochenlang mit meinem alten Pelzmantel [...] verschwunden. Ein Torpedoboot S 90 brachte ihn mir dann mal wieder mit. [...]

Auf der Werft musste ich alles allein machen, Vorlagen gab es nicht. Mehr als ich verstand auch niemand von technischen Sachen. Einmal war Fürst Bismarck, der Kreuzer, im Dock, und seine beiden großen Türme drehten sich nicht mehr. Sie waren vollkommen auf dem Pivot festgerostet. Man überlegte schon, ob man von Krupp einen Fachmann kommen lassen sollte. Aber ich machte die Arbeit mit meinen Chinesen allein, und nach einigen Tagen drehten die Türme wieder.3 Dafür bekam ich vom Kommandanten »ein Glas Sekt« gereicht. Der Mann hatte gerade in den Rennen 1.000 Dollar gewonnen. Den Artillerie-Offizier traf ich 25 Jahre später mal im Kaiserlichen Yachtclub in Kiel wieder!

So reiht sich eine schöne Erinnerung an die andere an. 1910 war ich fünf Jahre bei der Werft und überlegte, ob ich Heimaturlaub nehmen und dann wieder drei Jahre Vertrag machen sollte. Trotz des verlockenden Heimaturlaubs mit vollem Gehalt ergriff ich aber die Möglichkeit, mich selbstständig als Schifjfahrts-Sachverständiger und vereidigter Handelskammer-Sachverständiger niederzulassen und verzichtete auf den Urlaub. Ich war dann tätig als Schiffs- und Maschinenexperte für den Germanischen Lloyd, die See-Berufsgenossenschaft, Büro Veritas und hatte ferner das Büro eines vereidigten Ladungsvermesssers mit zwei Chinesen als Angestellten. Ferner wurde ich mit den Jahren immer häufiger als Sachverständiger von Lloyds Agenten in Havarie-Schadensfällen in Anspruch genommen. Alles gut bezahlte Arbeiten. Meine Einnahmen vermehrten sich von Jahr zu Jahr und die Tätigkeit war – ohne Konkurrenz – sehr angenehm. Mit den Zinsen aus meinen sehr beachtenswerten Ersparnissen hatte ich monatlich über 1.000 Pfund.

Nachdem ich von 1906-10, um zur Werft zu kommen, ein altes Motorrad gefahren hatte, kaufte ich mir 1910 zuerst einen kleinen Opelwagen, der damals über 4.000 Mark kostete und noch kein elektrisches Licht, Schutzscheibe, Vierradbremsen, Türen, Anlasser usw. hatte. 1913 entschloss ich mich, nach acht Jahren China auf Urlaub zu gehen und machte mich für vier Monate frei. Ich war dies wirklich meiner Mutter schuldig. Der Eile halber fuhr ich mit der Bahn über Sibirien hin und zurück. Ich hatte meine Mutter nach Berlin eingeladen, mich dort zu treffen. Wir fuhren dann nach Jena, wo meine Mutter und meine Schwester Rita wohnten. In Berlin machte ich noch mein Führerexamen, denn ich hatte mir einen neuen Opel bestellt. Mit diesem unternahm ich dann eine lustige Rundreise durch Süddeutschland mit meinem Freund Buchinger aus Giessen, der in Tsingtau Zahnarzt war. Dann war ich zu einer Tagung »25 Jahre Bestehen der See-Berufsgenossenschaft«, bei der ich nach dem Krieg wieder unterkam, in Königswinter. Die Zeit ging schnell herum. An Heiraten konnte ich nicht denken. Ich hatte auch zu wenig günstige Vorbilder unter meinen Tsingtauer Bekannten gesehen. Sollte ich es besser machen können? Was wäre auch wohl aus einer Heirat geworden, wenn ein Jahr später der Weltkrieg ausbrach. Dann wurden nicht die Frauen, sondern die Männer schuldlos geschieden. Wie auch sonst, hatte ich bis dahin immer das Richtige gewählt!

Was soll ich sonst alles über die schönen Tsingtaujahre berichten? Das Leben im Klub, wo ich meistens die größte Rechnung hatte, wo ich täglich aß und mit so vielen famosen Menschen zusammen kam, wird mir immer eine schöne Erinnerung bleiben. Gewiß mancher hat sich im Weltkrieg und hinterher, als man Charaktere von Lumpen unterscheiden konnte, nicht bewährt und ist aus der Erinnerung ausgelöscht.

Zwei bis drei Jahre wohnte ich mit dem Architekten Lazarowicz, einem der ersten Tsingtauer, zusammen. Dieser wohnte in einer einfachen Holzbaracke, wo wir ein halbes Dutzend Zimmer sehr gemütlich eingerichtet hatten, einen riesigen selbstgebauten Kamin und dazu den ganz berühmten Koch »Liu«. So konnte keine Hausfrau kochen wie er. Lazarowicz war nie auf Urlaub gewesen, da er mit einem gebrochenen Fuss und bei 300 Pfund Gewicht sich nur in seiner von zwei eigenen Kulis gezogenen Rikscha fortbewegen konnte. Er war einer der besten Architekten vom Fernen Osten, hatte viel Geschmack und hat viele schöne Bauten geschaffen. Das hinderte ihn nicht, der größte Alkoholiker zu sein, den ich je kennen gelernt habe. Er kam 1914 nicht in Gefangenschaft, sondern ging nach Peking, wo er bis 1924 lebte. So könnte ich noch manchen anderen schildern.

Sehr viel Freude hatte ich von meinen Autos. Hundert Male fuhr ich nach dem Lauschangebirge (30 km) durch das Schutzgebiet. Als erster fuhr ich die Serpentinen hinauf zum Mecklenburghaus. Selbst im Winter.
 

Krieg

Das alles flog von heute auf morgen auf, als 1914 der Weltkrieg begann. Ich war wegen schwerer Krampfadern nie Soldat gewesen, meldete mich aber bei Kriegsausbruch sofort. Das Eingreifen Japans in den Krieg war vorauszusehen. Da ich mein eigenes Auto hatte, bekam ich einen ausgezeichneten Sonderauftrag. Ich kam zur Fortifikation und musste das ganze Schutzgebiet bis zu den äußersten Vorposten mit fliegenden Telefonleitungen versehen. Da ich einige Pionier- und Telefonbeamte unter mir hatte, wurde ich gleich Hilfsdeckoffizier. Eigentlich hatte der Gouverneur Meyer-Waldeck verfügt, dass ich Hilfsmarineingenieur werden sollte. Dies verhinderte aber die blöde Intendantur in kleinlicher Weise und sorgte dafür, dass ich nur Hilfsdeckoffizier wurde. Dies hatte den Nachteil, dass ich später in Kriegsgefangenschaft nicht in ein Offizierlager, wo man Gehalt bekommen hätte, sondern in das Mannschaftslager kam, wo ich die ganzen Jahre von meinem eigenen Geld leben musste.

Die ganze Belagerung Tsingtaus durch die Japaner und 1.000 Engländer, die eine sehr lächerliche Rolle spielten, kann ich nicht schildern. Der Fall der Festung war unvermeidlich und wäre viel schneller erfolgt, wenn die Japaner nicht aus Furcht vor der gar nicht vorhandenen Widerstandskraft der kleinen deutschen Besatzung – 4.000 Mann mit allen Reserven aus Ostasien – sich so langsam herangearbeitet hätten. Sie arbeiteten wahrscheinlich nach einem kleinen, veralteten Lehrbuch »Wie erobere ich vorsichtig eine Festung mit 30-facher Übermacht?«

August und September waren mit den Vorbereitungen gegen die Belagerung und den Kämpfen im Vorgelände angefüllt. Jeden Tag fuhr ich mit dem Auto durch das Schutzgebiet, unvergessliche Tage. Zehn Tage Wolkenbrüche wie nie zuvor. Ende September zogen wir uns vor der Übermacht in die Festung zurück und die Belagerung begann, ohne dass die Japaner selbst zu schießen begannen, aber durch unsere Artillerie schwere Verluste erlitten. Sie gruben sich immer näher heran. Ende Oktober begann der Schlussakt, ein achttägiges Feuer auf die fünf Infanteriewerke, welche die Front bildeten, und auf die einzelnen Batterien. In der Nacht vom 6. zum 7. November 1914 brachen sie zwischen zwei Infanteriewerken durch, und als es Tag wurde, sah man, dass Tausende von Japanern schon im Rücken der Infanteriewerke innerhalb der Festung waren. In diesem Augenblick ging – keine Minute zu spät – die weiße Flagge hoch, sonst wären von den angetrunkenen Sturmtruppen einige tausend Mann erschlagen worden.4 Ich selbst musste noch in der Sturmnacht, da die meisten Telefonleitungen zerschossen waren, mit meinem Auto hin- und herfahren. Während wir einige 100 Tote verloren, verloren die Japaner einige 1000 Tote.5 Wer Uniform getragen hatte, kam in Kriegsgefangenschaft.

Am 7. November war ich genau neun Jahre in Tsingtau. Die schönsten Jahre meines Lebens waren zuende. Wäre der Weltkrieg nicht gekommen, wäre ich wohl mein ganzes Leben in Tsingtau geblieben. Etwa 1917 hätte ich mir einen europäischen Assistenten nehmen können und dann auch öfter nach Hause reisen können. Wie schön hätte ich auch meine Mutter mal nach draußen kommen lassen können. Nach neun fetten Jahren kamen nun neun magere Jahre mit Kriegsgefangenschaft, Inflation usw. und dauerten ungefähr bis 9. November 1923.
 

Gefangenschaft

Mit kleinen alten Frachtdampfern wurden wir nach Japan transportiert, zuerst ein Jahr in den Tempel von Himeji, wo wir auf dem Fussboden schliefen, einquartiert. Dann kamen wir auf einen Truppenübungsplatz mit neuen Holzbaracken nach Aonogahara, wo immer sechs Deckoffiziere in einem Zimmer hausten. Alles [an Aktivitäten] wurde im Laufe der Jahre von Kriegsgefangenen ergriffen. Wie mancher ist dann nach dem Krieg als Betrüger, ja sogar als Seeräuber und Raubmörder in chinesischen Gewässern verkommen.6

Da ich stets genügend Geld hatte, konnte ich mir alles leisten, ordentliches Essen, Trinken, Zeitungen, Bücher, Kleidung usw. Sonst war die Behandlung oft sehr schikanös. Wie man das Leben in diesem »Lande der Verdammnis«, wie ich es nannte, fünf Jahre aushalten konnte, ist mir heute, nachdem alles restlos vergessen ist, noch unerklärlich. Es waren etwa 400 Mann im Lager, meist aktive Soldaten, ein Dutzend Offiziere. Die Hälfte waren Österreicher vom Kreuzer Kaiserin Elisabeth, die zehn verschiedene Sprachen sprachen.

Ich hatte wenig wirkliche Freunde und kann eigentlich nur eines Mannes gedenken, dem ich verdanke, dass ich die Jahre in geistig tadelloser Verfassung überstand. Es war dies der Rechtsanwalt Klinke aus Tsingtau. Ein geistig unübertrefflicher Mann, ein Lebenskünstler ersten Ranges. Immer wieder sagte er, dass man bloß nicht jeden Tag zusammenhocken müsse, sonst hielte man es auf die Dauer nicht aus. So gab er viele nützliche Lehren. Wir waren im gleichen Alter und sind nach dem Krieg, als er in Berlin lebte, noch oft lustig zusammen gewesen, auch mit seiner viel jüngeren Frau Lotte. Leider, leider starb dieser prächtige Mensch viel zu früh im Alter von 50 Jahren. Auch politisch waren wir stets der gleichen Ansicht, wie man auf die Dauer sich nur mit Menschen vertragen konnte, die politisch der gleichen Ansicht waren. [...]

Jahrelang konnten wir in selbstgebauten Lauben leben, aber nicht nachts drin schlafen. So konnte man sich von anderen absondern. Eine große Annehmlichkeit. Etwa 1917 baute ich mir eine zweite größere Laube von drei mal zwei Metern mit meinem Putzer zusammen. Einen Mann, der etwas Geld verdienen wollte, hatte man immer. Klinke hatte ein Original als Putzer, einen Tschechen namens Zecha. Beim Bau der Laube bei großer Hitze zog ich mir ein schweres Rheuma zu, da ich völlig durchgeschwitzt mich mittags in einen Liegestuhl legte und schlief. Eines Tages war ich steif und konnte nicht mehr sitzen, gehen und stehen. Dies hielt Jahre lang an. [...]

Manchmal wurden die Kriegsgefangenen auch unter Bewachung »ausgeführt«, und wir machten herrliche Touren nach Tempeln und Wasserfällen und zur Kirschblüte, von denen man mit großem Durst zurück kam. Manchmal tranken Klinke und ich dann eine ganze Flasche Whisky mit Soda aus, die ich von Lazarowicz in gewissen Zeitabständen bekam. Es war immer die berühmte Marke »Jonny Walker«.
 

Nachkriegszeit

Über ein Jahr nach Beendigung des Krieges wurden wir noch in Japan zurückgehalten. Nach Weihnachten 1919 erst wurden wir mit japanischen Frachtdampfern – jeweils etwa 1.000 Mann – nach Hause transportiert. Auf der Heimreise [mit Kifuku Maru] liefen wir noch Tsingtau, das sich sehr verändert hatte, an. Von meinen Möbeln und sonstigen Sachen war nichts mehr zu finden, trotzdem sie in einem Schuppen aufbewahrt waren. Dann liefen wir noch Sabang an und machten einen Ausflug in den Urwald und erreichten Ende Februar 1920 Wilhelmshaven.

Als wir aus Tsingtau ausliefen, kam der Hapag-Dampfer Badenia mit tausenden Chinesen, die als Arbeiter an der feindlichen Front gewesen waren, heim. Sie kamen als Sieger nach Hause, wir fuhren als Besiegte nach Hause. Im Suezkanal passierten wir den ehemaligen Norddeutscher-Lloyd-Dampfer Prinz Ludwig, der australische Soldaten – auch als Sieger – heim brachte. Als sie uns im Vorbeifahren sahen, stimmten sie Gebrüll und Pfeifen an. Furchtbare Eindrücke! Überall traf man gestohlene deutsche Dampfer mit ihren alten Namen.

Die Heimreise, die über zwei Monate dauerte, war sonst, trotzdem manches primitiv war, schön und ruhig. Es waren ja auch zum Teil andere Menschen an Bord. Ein Deckoffizier starb noch und wurde auf See bestattet.7 Alles war so primitiv an Bord, dass sein letztes Krankenlager der Esstisch der japanischen Offiziersmesse war. Die Überreste der sonst in Japan Verstorbenen brachten wir in Urnen mit. Die 1914 Gefallenen sind, soweit sie ein Grab erhalten haben, meist in Massengräbern auf dem schönen Tsingtauer Friedhof beigesetzt. Die Verbrennung der in Japan Verstorbenen fand in so primitiven Öfen statt, dass ich lieber von einer Schilderung absehe.

Ich ging zuerst einige Monate nach Holland auf eine kleine Werft, wo es wenigstens reichlich zu essen gab und als Gehalt Gulden und nicht wertlose Papiermark. Schon im Sommer 1920 fragte die See-Berufsgenossenschaft bei mir an, ob ich die Stellung eines technischen Aufsichtsbeamten am Hauptbüro in Hamburg haben wollte. Eine Stelle, die mit Pension verbunden war, und wo man mir später meine Dienstzeit ab 1910 – also China und Kriegsjahre – anrechnete. Bis Ende 1923 kam nun die Inflation, in der das Gehalt einige Tage nach der Auszahlung schon wertlos geworden war. Von diesen Zuständen kann sich ja später niemand mehr eine Vorstellung machen. Ich bekam aber immer wieder Beträge aus Japan frei und konnte mir für einige fremde Devisen wenigstens hier und da etwas leisten. Ich musste ja vollkommen neue Kleidung haben usw. Für meine Verluste in China – Wohnungseinrichtung, Auto, Jacht, Zeug usw. – zahlte das Reich wenig Entschädigung, d.h. eigentlich nur entwertete Mark. [...]
 

Anmerkungen

1.  Gemeint ist ein Passagier- und Frachtdampfer von 1685 BRT, der vom Norddeutschen Lloyd seit 1901 im Küstendienst in Fernost eingesetzt wurde.

2.  Das Kanonenboot Iltis (gebaut 1878-1880) war in einem Taifun am 23.07.1896 vor dem Flat Rocky Point südlich des Promontory Leuchtturms auf der Halbinsel Shantung gestrandet; zu Ehren der 71 ertrunkenen Besatzungsmitglieder errichtete man ein Denkmal nahe der Unglücksstelle und eines zweites in Shanghai.

3.  Eine genauere Datierung des Vorfalls ist nicht möglich; Fürst Bismarck kehrte im April 1909 in die Heimat zurück.

4.  Woher diese Information stammt, ist nicht bekannt.

5.  Siehe die genaueren Zahlen für die deutsche und die japanische Seite.

6.  Hier ist zweifellos der Fall Taudien gemeint.

7.  Gemeint ist Wilhelm Weiss.
 

©  Hans-Joachim Schmidt
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