Tsingtau und Japan 1914 bis 1920
Historisch-biographisches Projekt


Lager Ninoshima

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Führer durch die Ausstellung des Kriegsgefangenenlagers Ninoshima / Frühjahr 1919

— Ausstellungskatalog —

Katalog Die Ausstellung im Frühjahr 1919 war die vorletzte in der Zeit der Gefangenschaft und zugleich die einzige in der Geschichte des Lagers Ninoshima. Sie fand in der Stadt Hiroshima statt, d.h. am Sitz der Präfektur. Für die Ausstellung wurde ein Katalog gedruckt, in dessen Hauptteil die Exponate in den verschiedenen "Abteilungen" nachgewiesen sind; darüber hinaus enthält er einen Anzeigenteil.

   Vorwort (S. 1-2 des Originals)
   Abteilung Kunst mit 86 Positionen (S. 3-6)
   Abteilung Handfertigkeit mit 143 Positionen (S. 7-14)
   Abteilung Technik mit 40 Positionen (S. 15-17)
   Abteilung Schulwesen mit 37 Positionen (S. 18-21); Theater (S. 24-25); Nachtrag mit 16 Exponaten (S. 34)
   Lagerzeitung Ninoshima (S. 22)
   Erfrischungsraum (S. 23)
   Anzeigen (S. 26-33)
   Hinterer Umschlagdeckel (S. 35-36)
   Sonderpostkarten (außerhalb des Katalogs)

Schreibfehler wurden korrigiert, die Dienstgrade bei Namensnennungen weggelassen.

 

Vorwort [der Ausstellungsleitung]

Die Ausstellung des Kriegsgefangenenlagers Ninoshima kann infolge der Ungunst der Verhältnisse erst kurz vor Toresschluss abgehalten werden.1 Da niemand in Ninoshima ahnte, dass all die Arbeiten und Bestrebungen, dem Schicksal oft mit List und Regsamkeit abgerungen, jemals an die Öffentlichkeit gelangen würden, gibt die Darlegung ein umso aufrichtigeres Bild von dem Fleisse und dem Geist unseres Lagers. Dennoch kann nur eine schwache Umgrenzung aller Tätigkeit geboten werden, weil die zur Verfügung gestellte, überaus kurze Zeit von etwa 8 Wochen der Vorbereitung allzu großen Abbruch tat. Wenn man überdies bedenkt, dass die meisten Gegenstände aus Altmaterial hergestellt sind, dass ein zäher Wille gegen viele Widrigkeiten anlämpfen musste, so darf auch der kleinsten Arbeit die Anerkennung nicht versagt werden.

Unser Dank sei allen Kameraden, Helfern und Mitarbeitern ausgesprochen, die zum Gelingen der Ausstellung beigetragen haben.

Die künstlerische Ausschmückung der Drucksachen wurde im Wege eines Wettbewerbs gewonnen.
Umschlag und Buchschmuck des Führers stammen von G. Wilhelm.
Postkarten lieferten Brilmayer: "Sonnenuntergang im Osakalager" und "Huanghobrücke", E. Liesenfeld: "Totenerinnerung" und "Am Arbeitstisch", Paul Schubert: "Felsenwille" und G. Wilhelm: "Magister".
Unser besonderer Dank sei an diese Kameraden gerichtet sowie an Herrn W. Haupt, der bereitwillig die Herstellung der Decke des Führers und einiger Postkarten in seiner Lagerdruckerei übernahm und Herrn R. Scholz für die Herstellung der übrigen Karten.

Als Dolmetscher haben sich die Kameraden Albrecht, Bothe, Hastedt, Kutt, Liessfeldt und Wendler zur Verfügung gestellt.

Erklärung der Zeichen: V. bedeutet "verkäuflich", N. bedeutet "Nachbestellungen werden angenommen", V.N. bedeutet "verkäuflich und Nachbestellungen werden angenommen".2

Verkauf von Ausstellungsgegenständen nur durch die Vermittlung der Ausstellungsleitung. Auskunft hierüber im Geschäftszimmer.
Die verkauften Gegenstände werden erst nach Schluss der Ausstellung abgeliefert.

Die Ausstellungsleitung.3
 

Lagerzeitung Ninoshima

Die täglich erscheinende Kriegsgefangenen-Zeitung wurde Ende Juni 1916 unter dem Namen "Osakaer Lagerzeitung" gegründet.4 Sie hatte ihre Grundlage in Übersetzungen, die von Herrn Antoschowitz aus japanischen Zeitungen gegeben und von Herrn Hinney an die Kameraden vermittelt wurden. Hieraus entstand die Tageszeitung, welche sich bald großer Beliebtheit erfreute, so dass die Zahl der Einzelabonnenten schnell wuchs und übersichtliche Nachrichten von den heimischen Kriegsschauplätzen gegeben werden konnten. Im November 1916 übernahmen die Herren Liessfeldt und Tospann die Übersetzungen aus den japanischen Zeitungen Asahi und Mainichi, seit einiger Zeit beteiligen sich auch noch Herr Rollhausen sowie Herr P. Kutt, während Herr Dr. Othmer in schwierigeren Fällen aushilft. Der maschinelle Teil wird von Herrn Hirche besogt. Außer den übersetzten Telegrammen werden auch die Bekanntmachungen innerhalb des Lagers aufgenommen.
Ausgestellt ist ein Jahrgang der Ninoshima-Zeitung.
 

Erfrischungsraum!

Leiter: Schindler, Bothe.

Im südlichen großen Saal befinden sich Ausstellung und Verkauf von im Lager hergestellten Lebensmitteln.

1. Abteilung Schlachterei und Wurstfabrikation. Bewirtschaftet von O. Heide.
Spezialitäten: Roll-, Lachs- und gekochter Schinken, Speck und Rauchfleisch, Mosaik und Zungenrollen, Gefüllter Schweinskopf, Leberkäse, Mortadella, Schinken-, Zungen-, Sülz-, Mett-, Blutwurst, Leberwurst;
täglich warme Würstchen und belegte Brötchen. Heringe, Salate von Wendekamp.

2. Lager-Bäckerei (Spezialitäten vergleiche im Anzeigenteil)

3. Damit verbunden ist ein Kaffeeausschank mit Verabreichung warmer Würstchen aus der Küche Wolschke, bewirtschaftet von Kaltenhäuser. Bei Bedarf Selterwasser und Limonaden, hergestellt in der Limonadenfabrik des Lagers.

4. Ausstellung von Schnäpsen, Likören und Essenzen, zusammen mit Droguenwaren verkäuflich in geschlossenen Gebinden aus der Lagerdroguerie A. Mändler sowie Droguerie Mau und Röper. Vergleiche Anzeigenteil.
 

[Hinterer Umschlagdeckel]

Auf der Innenseite des hinteren Umschlagdeckels befindet eine Zeichnung von Gustav Wilhelm mit der Inschrift "Cui bono?" (Abbildung links).


Die Außenseite des hinteren Umschlagdeckels zeigt (Abbildung links von oben nach unten):

a) Zeichnung des Ausstellungsortes, d.h. der 1915 fertiggestellten Ausstellungshalle für Industriegüter in Hiroshima. Dieses Gebäude war 1945 eines der wenigen, die im Stadtzentrum beim Abwurf der Atombombe am 06.08.1945 nicht dem Erdboden gleichgemacht wurden; es ist als Ruine erhalten und gehört heute als "Friedensdenkmal" zum Weltkulturerbe.

b) Mitglieder der Ausstellungsleitung waren:
Vorsitz: A. Woserau, Architekt; Schriftleitung: F. M. Eugen Müller; Schatzmeister: Stern; W. Apel, Elektriker; E. Liesenfeld; W. Spiro, Dipl.-Ing.

c) Aus Anlaß der Ausstellung wurde ein Sonderstempel geschaffen mit der Inschrift "Ausstellung des Kriegsgefangenen-Lagers – Ninoshima – Hiroshima Frühjahr 1919" im unteren Teil. Seitz (S. 242) schreibt: "Im oberen Teil ... stehen rechts und links außen jeweils zwei japanische Zeichen, die zusammen Hiroshima heißen. Dazwischen sind zwei Zeilen japanischer Zeichen von rechts nach links zu lesen: Ninoshima Furyo Seisakuhin Tenrankai ...".


 

Sonderpostkarten (außerhalb des Katalogs)

Brilmayer1"Huanghobrücke"
Entwurf: Emil Brilmayer

Brilmayer2"Sonnenuntergang im Osakalager"
Entwurf: Emil Brilmayer

Liesenfeld1"Totenerinnerung"
Entwurf: Eugen Liesenfeld

Liesenfeld2"Am Arbeitstisch"
Entwurf: Eugen Liesenfeld

Schubert"Felsenwille"
Entwurf: Paul Schubert

Wilhelm"Magister"
Entwurf: Gustav Wilhelm


 

Anmerkungen

1.  Die Formulierung "kurz vor Toresschluss" lässt vermuten, dass die Gefangenen mit einer zeitnahen Entlassung rechneten. Von daher ist es verständlich, dass ihnen die Zeit bis Jahresende noch sehr sehr lang wurde.

2.  Die den Verkauf betreffenden Informationen werden hier nicht wiedergegeben.

3.  Siehe die Angaben auf dem hinteren Umschlagdeckel.

4.  Aus den einzig bekannten Exemplaren der Zeitung geht hervor, dass 1919 bereits der 5. Jahrgang erschien, was darauf hindeutet, dass der erste Jahrgang nicht von 1916, sondern von 1915 datiert.
 

©  Hans-Joachim Schmidt
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