Tsingtau und Japan 1914 bis 1920
Historisch-biographisches Projekt


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Treffen in Berlin am 15. November 1924

 

Hinweis: Der folgende Kurzbericht ist aus »Ostasiatische Rundschau«, 1924, S. 154 f. entnommen. Der im Text erwähnte Tsingtauer Kegelclub von 1904 setzte sich ausschließlich aus Offizieren und Beamten (im Offiziersrang) zusammen.

Am 7. November jährte sich zum zehntenmal der Tag, an dem in früher Morgenstunde auf den Höhen und Verteidigungswerken vor Tsingtau die schwarz-weiß-rote Flagge eingeholt werden mußte und Tsingtau, der Stolz unserer Arbeit im fernen Osten, in japanische Hände fiel. Wenn auch mancherlei durch die Beschießung zerstört wurde und während der Verwaltung der Japaner manche Stadtteile ein anderes Aussehen erhielten, so ist die Grundanlage von Tsingtau, das am 1. Dezember 1922 wieder in chinesischen Besitz überging,1 deutsch und wird deutsch bleiben. Die deutsche Vergangenheit und das, was deutsche Arbeit dort geleistet, wird aus der Geschichte Tsingtaus nicht ausgemerzt werden können, wie immer sich die Stadt entwickeln mag. Auch wenn die heutige Zeit durch die Probleme und die Gestaltung unserer Zukunft in stärkstem Maße in Anspruch genommen ist und die militärischen Leistungen vor Tsingtau verblassen vor den Taten des deutschen Volkes im Weltkrieg daheim, so war gleichwohl am 7. November ein stilles Gedenken und eine Würdigung der deutschen Arbeit in Tsingtau durchaus am Platze. Die deutsche Presse hat darum auch zum großen Teil in längeren oder kürzeren Ausführungen mit Recht dieses Tages gedacht.

Daß sich besonders die Tsingtauer ihrer ehemaligen Heimat am Gelben Meer erinnerten, ist selbstverständlich. Wir hoffen, daß es in Zukunft, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse gebessert haben, möglich sein wird, die alten Tsingtauer an ihrem Gedenktage von Zeit zu Zeit an einem Ort zu vereinen.2 In diesem Jahre wurden verschiedentlich lokale Gedenkfeiern abgehalten, von denen uns Kartengrüße zugegangen sind, so in Magdeburg, wo die Herren Nickel, Schrader, Schnirpel und Bier zur Erinnerung einen Herrenabend ehemaliger Tsingtauer veranstalteten, an dem nach der uns zugegangenen Karte etwa 30 ehemalige Tsingtauer teilnahmen.

Der Tsingtauer Kegelklub hatte zur Erinnerung an Tsingtau und zur Feier des 20-jährigen Stiftungsfestes [1904] seine ehemaligen Mitglieder zu einer Zusammenkunft am 15.11. nach Berlin gebeten. Der Vorsitzende des Klubs, Prof. Dr. Dönitz, konnte in einer launigen Ansprache, in der er der Tätigkeit des Klubs gedachte, am Abend im Landwehrkasino in Berlin folgende 29 Mitglieder begrüßen:3 Bergemann, Bökemann, Breymann, Brinkmann, Buchinger, Dönitz, Friedrich, Fürth, de Grahl, Goedeke, Günther, Klein, Klehmet, Klövekorn, Koch, Kux, Meye, Mohr, Nitzschke, Reuter, Rosenberger, Siebert, Schubert, Staby, Wegener, Wiegrefe, Winschenbach und Wirtz. Er gedachte dabei auch der im Weltkrieg gefallenen Mitglieder: Albrecht, Bergéré, Eyl, Kaspereit, Roller, Schröder, Wentrup und v.Valentini; er gedachte dabei auch der Mitglieder, die nach der Verteidigung von Tsingtau in japanische Kriegsgefangenschaft geraten waren: Bergemann, Goedeke, Günther, Hartmann, Kux, Lehmann, Mohr, Müldner, Riekert, Rosenberger, Steinmetz und Wegener. Eine Anzahl der Mitglieder war durch die augenblicklichen Verhältnisse am Erscheinen verhindert. Von einigen waren Begrüßungstelegramme und Begrüßungsbriefe eingegangen, so von den früheren Mitgliedern Orth, Riekert und Bockelberg. Der Vorsitzende erwähnte auch, daß der Ausgangspunkt zu diesem Erinnerungsabend einige Verse gewesen seien, die ihm 1915 von der letzten Tagung des in seiner Zahl stark reduzierten Kegelklubs vom 17. November 1914 durch Professor Wirtz zugegangen seien und die er zur Verlesung brachte:

Zehn Jahre tat der Montagsklub
Gar manchen braven Kegelschub.
Heut’ aber will es nicht gelingen,
Die Kugeln in die Neun zu bringen.
Die Kegelbahn ist arg zerschossen,
Das hat gewaltig uns verdrossen!
Die Kegelpreise sind Granaten,
Die sind dies Jahr sehr gut geraten;
Der Feind warf sie zu Myriaden
In unsern schönen Tsingtauladen.
Wie schlimm es auch der Feind getrieben,
Der Kegler Schar ist heil geblieben.
Die Hälfte mußt’ gen Osten rücken,
Erhob’nen Haupt’s, mit stolzen Blicken
Ist sie von Tsingtau aufgebrochen:
Besiegte Sieger, ungebrochen.
Die Hälfte feiert still beim Mahl
Zehnjähriges Fest im Schützensaal.
Sie bringt dem fernen Kegelbaas
Ein Kranzl und ein volles Glas
Und hofft, daß uns auf deutscher Erde
Ein frohes Wiedersehen werde!

Der Austausch der alten Erinnerungen hielt die Erschienenen bis spät in den Abend hinein zusammen. Am Sonntag, dem 16. November, versammelten sich dieselben mit ihren Damen und einer größeren Anzahl Tsingtauern erneut im Landwehrkasino, um hier in vergnügtem Zusammensein der schönen Tage in ihrer alten Heimat Tsingtau zu gedenken.
 

Anmerkungen

1. Richtig: 10.12.1922.

2. Das erste reichsweite Treffen fand erst 1936 in Dissen statt.

3. Die nicht verlinkten Teilnehmer (Albrecht, Bergéré, Klein, Nitzschke, Roller, Siebert, Schröder, Winschenbach) konnten nicht zweifelsfrei identifiziert werden.
 

©  Hans-Joachim Schmidt
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