Tsingtau und Japan 1914 bis 1920
Historisch-biographisches Projekt


Lager Nagoya

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Ausstellung 1919 von Kriegsgefangenen-Arbeiten Nagoya, Japan

— Ausstellungskatalog —

Katalog Die Ausstellung vom 22. bis 30. Juni 1919 war die letzte in der Zeit der Gefangenschaft und zugleich die einzige in der Geschichte des Lagers Nagoya. Sie fand im städtischen Handelsmuseum statt. Für die Ausstellung wurde ein Katalog gedruckt, in dessen Hauptteil die Exponate in fünf Bereichen nachgewiesen sind; darüber hinaus enthält er eine Zusammenfassung der Lagergeschichte.

   Vorwort (S. 3-4 des Originals)
   A. Malerei mit 69 Positionen (S. 5-7)
   B. Technische Zeitungen mit 18 Positionen (S. 8) / C. Apparate, Maschinen, Modelle mit 40 Positionen (S. 9-11)
   D. Holzarbeiten, Spielzeug u.a. mit 157 Positionen (S. 12-16) / Web- und Wirkwaren mit 27 Positionen (S. 17)
   Das Lager Nagoya (S. 18-20 des Originals)
   Hinterer Umschlagdeckel
   Sonderpostkarten (außerhalb des Katalogs)

Zu Planung und Verlauf der Ausstellung siehe auch den zusammenfassenden Bericht.

Schreibfehler wurden korrigiert, die Dienstgrade bei Namensnennungen weggelassen, Hinweise in [] oder als Fußnote hinzugesetzt.

 

Vorwort [der Ausstellungsleitung auf Seite 3]

Nach fast fünfjähriger Gefangenschaft wird uns Gelegenheit gegeben, die im Lager Nagoya entstandenen Handfertigkeits-Erzeugnisse auf einer Ausstellung zu vereinigen und einem größeren Kreise vorzuführen. Die ausgestellten Gegenstände geben allerdings nur einen unvollkommenen Überblick über die im Lager vorhandenen Fähigkeiten: Als diese nach Betätigung drängten, in den ersten Jahren der Kriegsgefangenschaft, ward ihnen keine Möglichkeit der Entfaltung. – In letzter Zeit gibt Beschäftigung in Fabriken der Stadt Nagoya sehr Vielen hinreichend Arbeit und Ablenkung.1
Unser Dank gebührt vor allem den Kameraden, die zum Gelingen der Ausstellung beigetragen, Arbeiten geliefert, in der Leitung, in Kommissionen, in Chor, Orchester und Theater, als Aufseher und Dolmetscher ihre Kraft in den Dienst der Sache gestellt haben.
Unser Dank gebührt auch dem jetzigen Lagerkommando, das die Ausstellung angeregt und ermöglicht, die Arbeit durch Genehmigung von Materialeinkäufen in der Stadt unterstützt, überhaupt in jeder Beziehung den besten Willen zur Förderung bewiesen hat.
Für die Ausstellungsleitung / Voigtländer.2

[Seite 4]3
 

Das Lager Nagoya

Am 21. November 1914 kamen 308 Kriegsgefangene (12 Offiziere, 1 Beamter, 49 Unteroffiziere, 246 Mannschaften), meist III. S.B., in nagoya an. Unterbringung in Nebengebäuden des Hingashi-Hongwanjii-Tempels. Am 2.9.1915 Umzug in ein neuerbautes Barackenlager am Nordende der Stadt. A, 21.9.1915 kamen 123 Unteroffiziere und Mannschaften (meist O.M.D), am 21.10.1916 71 desgleichen (meist M.A.) aus Fukuoka hinzu, aus Kurume am 29.4.1917 und 5.8.1918 16 Unteroffiziere.
Elf Kameraden ruhen in fremder Erde, davon sieben Opfer der Grippe-Epidemie (Oktober bis Dezember 1918).

Unterricht4
konnte sich infolge einschränkender Bestimmungen (1 Lehrer – höchstens 2 Schüler) nicht so planmäßig und einheitlich entwickeln wie wünschenswert.4 Trotzdem wurde fleißig gearbeitet, namentlich in den ersten Jahren der Gefangenschaft: in erster Linie Sprachen, dann kaufmännische und andere Fachwissenschaften, Mathematik usw. – Die im Herbst 1918 erlangte Erlaubnis zum Bau einer Unterrichtsbaracke und zur Einführung geregelter Kurse konnte nicht mehr ausgenutzt werden.

Lagerbücherei
Aus kleinen Anfängen, Stiftungen von Japandeutschen und von Lagerinsassen wuchs sie langsam heran. Heute zählt sie 3450 Nummern, davon 2390 unterhaltender, 350 wissenschaftlicher Art. 532 fremdsprachige Bücher und 178 Zeitschriften. Verwaltung Schenk, Unger, Herr.

Telegrammdienst
Die Arbeit des täglichen Telegrammdienstes (Übersetzung der wichtigsten Nachrichten aus japanischen Zeitungen), der zu Zeiten unsere einzige geistige Verbindung mit dem Weltgeschehen darstellte, verdient den wärmsten Dank des Lagers. Übersetzer: Koenig, Scherrer, Schall.

Gartenbau, Tierzucht5
1917 wurde die Ausnutzung brachliegender Flächen im Lager zum Gemüsebau, das Halten von Singvögeln, Nutzgeflügel und Kaninchen erlaubt, 1918 ein Feldstück außerhalb des Lagers für Gemüsebau zur Verfügung gestellt ("Klein Hokkaido"). Vielen wurde so willkommene Ablenkung und Beschäftigung geboten.

Turnen und Sport6
konnten sich erst im geräumigen neuen Lager entwickeln: Turnplatz, Fuß- und Faustballplatz, 6 Tennisplätze wurden angelegt, die nötigen Turngeräte, Reck, Barren, Ringe, Schwebereck, Klettertau, Pferd, Keulen, nach und nach gestiftet oder gekauft. Ein geregelter Turnbetrieb wurde eingerichtet. Gelegentliche Wettkämpfe und Schauturnen, ebenso Sportfeste eiferten an und boten Gelegenheit zum Messen der Leistungen. Leitung: Hartung. Turnleitung: Denecke, Becker, Kühn, Engler.

Lagerchor
Gegründet 1915, etwa 40 Sänger. Hauptaufgabe die Pflege des deutschen Volksliedes. Doch wurde auch eine große Zahl schwieriger altklassischer wie moderner Tondichtungen zum Vortrag gebracht. Leiter: Scheffel.

Lagerkapelle7
Aus einer kleinen Schrammelkapelle erwuchs ein vollständiges Streichorchester von15–18 Instrumenten. Von den Spielern waren zwei Berufsmusiker, alle übrigen Liebhaber. Hauptaufgabe: frische Unterhaltungsmusik. Doch wurden auch größere Werke (Haydn, Mozart, Weber) mit Erfolg aufgeführt. Unterstützt wurden solche Konzerte im letzten Jahre durch eine im Lager erbaute Orgel. Leiter: Scheffel, Pretzsch, seit 1916 Schumann.

Lagerbühne
Später als in anderen Lagern, erst im Juli 1918, wurde ihre Gründung möglich. Seither monatlich 1–2 Aufführungen auf einer mehr und mehr vervollkommneten Freibühne, vom Oktober bis März auf einer Barackenbühne. Aus dem Spielspiel: Minna von Barnhelm, Die Räuber (2 Abende), Ein toller Einfall, Pension Schöller, Bunter Abend, Flachsmann als Erzieher, Maria Magdalene, Auf Strafurlaub, Die Journalisten, Alt Heidelberg, Im weißen Rößl. In Vorbereitung: Die Rabensteinerin. Leitung: Voigtländer.
 

[Hinterer Umschlagdeckel und Sonderstempel]

Zeichnung auf der Innenseite des hinteren Umschlagdeckels:
"Druck und Verlag Theaterverein Lager Nagoya."


Zeichnung auf der Außenseite des hinteren Umschlagdeckels

Aus Anlaß der Ausstellung wurde ein Sonderstempel geschaffen mit der Inschrift "Ausstellung Deutscher Kriegsgefangenen-Arbeiten. NAGOYA. 1919". Seitz (S. 216) schreibt: "Die japanische Inschrift, von links nach rechts zu lesen, lautet: "Furyo Seisakuhin Tenrankai = Ausstellung von Arbeiten der Kriegsgefangenen".


 

Sonderpostkarten (außerhalb des Katalogs)

Nachlass Bauchrowitz Nachlass Bauchrowitz
Schloss Nagoya (Holzschnitt)
Nachlass Bauchrowitz (Seitz S. 220 Abb. 39)

Gefangener mit Modell einer Yacht
(Seitz S. 220 Abb. 40)

 

Anmerkungen

1.  Siehe dazu den ausführlichen Bericht.

2.  Die anderen Mitglieder der Ausstellungsleitung sind nicht bekannt.

3.  Die Hinweise auf Verkäuflichkeit usw. sind hier nicht wiedergegeben.

4.  Siehe den ausführlichen Bericht.

5.  Siehe den ausführlichen Bericht.

6.  Siehe die ausführlichen Berichte zu Turnen und Spiel und Sport.

7.  Siehe den ausführlichen Bericht.
 

©  Hans-Joachim Schmidt
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