Tsingtau und Japan 1914 bis 1920
Historisch-biographisches Projekt


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»Bericht«

von Erich Fischer

– Teil 5: Lager Kumamoto – erstes Tagebuch [16.11.1914 bis 15.2.1915]
 

Hinweise des Redakteurs

Der Schweinfurter Erich Fischer hat einen umfangreichen »Bericht« in Tagebuchform hinterlassen, der seine Erlebnisse von der Ausreise nach Tsingtau (1914) bis zur Heimreise aus der Gefangenschaft (1920) beschreibt. Er hat seine Erlebnisse zeitnah notiert und später in Maschinenschrift übertragen.
Die maschinenschriftliche Fassung – fast 300 DIN-A4-Seiten in zwei Bänden – gelangte vor einigen Jahrzehnten in die Sammlung von Walter Jäckisch, der sie mit Hinweisen versah und später dem Redakteur für dessen Projekt zugänglich machte.

In der vorliegenden Fassung hat der Redakteur Zwischenüberschriften eingefügt und zum Teil den Umbruch geändert. Er hat Schreibfehler berichtigt, die Rechtschreibung maßvoll modernisiert, Abkürzungen aufgelöst und sachbezogene Anmerkungen im Text (in [ ]) oder in Fußnoten hinzugefügt; im Übrigen blieb der Text unverändert.

Es erschien zweckmäßig, den Text in neun Teile zu gliedern. Im vorliegenden fünften Teil berichtet der Autor über das erste Vierteljahr im Tempellager Kumamoto, wo das größte Problem in der grassierenden Langeweile bestand und es im Übrigen aber wenig Grund zu Klagen gab.
 

Inhaltsübersicht des Redakteurs

  1. Reise nach Ostasien
  2. Vor Beginn der Kämpfe in Tsingtau
  3. Wache und Kampf im Vorgelände
  4. Verteidigung der Festung
  5. Im Tempellager Kumamoto (erste Hälfte)
    1. Transport nach Japan
    2. Kumamoto [November/Dezember 1914]
    3. Kumamoto [Januar/Februar 1915]
  6. Im Tempellager Kumamoto (zweite Hälfte)
  7. Im Lager Kurume (1915 bis 1918)
  8. Im Lager Kurume (1919)
  9. Heimreise (1920)

 

a) Transport nach Japan

Nach verhältnismäßig kurzer Zeit – wir waren an Warten gewöhnt! – begann [am 12. November 1914] die Einschiffung: Wir verließen deutschen Boden, der für uns noch immer deutsch war, wenn auch die japanische Kriegsflagge darüber wehte!
Jetzt aber befanden wir uns auf, zwar etwas schwankendem, japanischem Boden. Von einer Pontonbrücke aus brachten uns Sampans zu einem kleineren Kasten, der schon mehrere Jahrzehnte seinem Mikado treu und brav gedient haben mochte.
Das Schiff Satsuma Maru teilten wir, Kompagnie 4, mit Kompagnie 2 und der Reservebatterie. Unsern Wohn- und Schlafraum bildete der mit Strohmatten ausgelegte Laderaum unter Deck, der vorher für den Transport von Pferden verwendet wurde.
Sonst stand uns nur das kurze Achterdeck zur Verfügung, von wo aus wir das von der untergehenden Sonne beleuchtete Kiautschou zum letzten Mal grüßten.
Um 6 Uhr abends des 12. November, nach japanischer Zeitrechnung um 5 Uhr, stach unser Dampfer in See.
Hartbrot und japanisches Büchsenfleisch wurden verteilt, und dann legten wir uns auf unser hartes Lager nieder. Leichtes Schaukeln schläferte uns ein, obwohl wir wie Heringe eingepökelt lagen.

Am 13. November 1914 früh zeigte der Himmel ein recht trübes Gesicht, und nach einiger Zeit regnete es. Auch das Meer wurde immer unruhiger, sodass man bald zur Rechten wie zur Linken einen sich über die Reling beugen sah. An mir ist dieser Kelch vorübergegangen, wenn ich auch bei meinem nüchternen Magen ein kleines Unwohlsein verspürte. Denn zu essen gab es nichts als Hartbrot und Süßfleisch, es sei denn, dass man 1 Dollar opferte und heimlicherweise beim Koch ein sogenanntes Beefsteak, d.h. ein paar Fleischbrocken, aß.
So verbrachten wir den Tag mit Erzählungen und mit Hindämmern in dem halbdunklen, dumpfen Raum, den das Stampfen des Schiffes leicht erschütterte.

Anderntags, am 14. November 1914, schien sich das Wetter etwas zu bessern. War am Tage zuvor nichts zu sehen, so kam nun die Südspitze Koreas in Sicht; die koreanischen Inseln, steil aus dem Meer ragende, bewaldete Felsspitzen, glitten an uns vorüber. Wir befanden uns in der Straße von Tsushima, wo die berühmte Schlacht zwischen den Japanern und Russen stattfand.
Im Übrigen waren heute 17 Jahre vergangen, seit Kiautschou von den Deutschen in Besitz genommen wurde!

Eine größere Anzahl von Schiffen zeigte am Sonntag, den 15. November 1914, das nahe Land an, und es dauerte nicht lange, bis wir die vorgelagerten japanischen Inseln in Sicht bekamen.
Erst jetzt wurde uns bekanntgegeben, dass wir in Moji an Land kommen sollten. Wir fuhren an grünen Inseln vorbei und hielten etwa um 11 Uhr vormittags an der Quarantänestation, etwa eine Stunde vor Moji. Japanische Ärzte kamen an Bord, fühlten uns den Puls, und nachdem alles für gesund befunden war, ging die Fahrt weiter.
Rechts und links trat das Land näher, und bald sahen wir Shimonoseki und unsern Bestimmungshafen gegenüber, Moji, das am nördlichsten Ende der Insel Kyuschu liegt. Es war eine richtige Kohlenstadt, an der nur die Eigenart der Häuser für uns reizvoll war.
Um 12 Uhr mittags gingen wir auf der Reede vor Anker, aber erst um 4 Uhr nachmittags wurden wir ausgebootet. Die Zwischenzeit sollten wir dazu benützen, um etwas zu essen – Hartbrot mit »geretteten« Ölsardinen –, da wir noch eine Nachteisenbahnfahrt von 10 Stunden vor uns hätten und es wohl nichts mehr zu essen gäbe!
Um 4 Uhr kamen also zwei Leichter, die uns an Land bringen sollten, d.h. nur K4 und die Feldbatterie; die andern fuhren weiter, blieben jedenfalls an Bord.
Von der Landungsbrücke kamen wir unmittelbar in den abgesperrten Bahnhof, sodass wir an keiner gaffenden Menschenmenge vorbeilaufen mussten. In der Wartehalle brachten wir die Zeit hin bis 7 Uhr abends, und pünktlich auf die Sekunde fuhren wir los.

Moji–Kumamoto. — Wir waren in Dritte-Klasse-Wagen untergebracht, 8 Mann in jedem Abteil. Außerdem hatten wir noch das Vergnügen, einen Posten mit aufgepflanztem Seitengewehr in unserer Mitte zu haben; der Mann war aber sehr harmlos, er schlief meistens und teilte sogar Äpfel und Bananen unter uns aus, die wir umso lieber nahmen, als es kaum Gelegenheit zum Kaufen gab. Das geringe Angebot auf den Bahnhöfen genügte der regen Nachfrage nicht im Geringsten.

In Hakata [Fukuoka] und in Kurume, wo die ersten Kriegsgefangenen hingekommen waren, war längerer Aufenthalt, den wir dazu benützten, um die steif gewordenen Beine zu vertreten. Wir brachten es sogar fertig, im Abteil zu schlafen, obwohl es fast unmöglich war, die Beine auszustrecken, denn die japanischen Eisenbahnwagen sind nicht für die großen Europäer bestimmt, alles ist klein und zierlich. Vermisst haben wir freilich die Anschläge betreffend Notbremse, Hinauslehnen etc. Der Japaner ist eben der geborene Höflichkeitsmensch – wenigstens nach außen! Jeder Japaner trägt offenbar sein Päckchen Löschpapier bei sich, und als der uns zugeteilte Soldat einmal ausspucken musste, zog er das saubere Papier vor sein Gesicht, warf es zum Fenster hinaus und hatte damit ein hygienisches Bedürfnis erledigt! Andere Länder – andere Sitten!
 

b) Kumamoto – erstes Tagebuch [16.11. bis 31.12.1914]

Am 16. November 1914 sind wir gegen 5 Uhr morgens, zerschlagen und todmüde, in Kumamoto angekommen, einer größeren Stadt, »die ihren ländlichen Charakter noch behalten hat«, wie Lafcadio Hearn schreibt. Am Bahnhof standen wir über eineinhalb Stunden herum, wurden 20-mal abgezählt und marschierten endlich zu den neuen »Heimen«.
Rechts und links der Straße standen Japaner und Japanerinnen mit ihren Kindern. Kundgebungen wurden offenbar von der Polizei unterbunden, nachdem sie am Bahnhof laut geworden waren.
Durch die ganze Stadt mussten wir marschieren, bis wir zu unserer Unterkunft, dem Tempel Chokoku-ji, kamen. Da liegen wir nun: 27 Unteroffiziere und 71 Mann, der Rest ist in der Nähe in vier Tempeln untergebracht. Die Offiziere und Feldwebel, von denen uns die Japaner bald getrennt hatten, wohnten weiter weg in der Stadt, wo sich auch das japanische »Hauptquartier« befand.
Der eigentliche Tempel ist der Wohn- und Schlafraum der Mannschaften. Wir Unteroffiziere wohnen im »guten Zimmer« des Priesters, das in einem echt japanischen Gärtchen gelegen ist mit einer schönen Aussicht auf Reisfelder, Wälder, Berge und Dörfer.
Die Räume sind mit Strohmatten, tatamis, ausgelegt, auf denen wir Barbaren mit unseren Stiefeln herumtrampelten, bis uns der Priester bedeutete, dass es in Japan üblich sei, Schuhe etc. vor dem Hause auszuziehen. Wir mussten uns wohl oder übel fügen und irren nun auf mehr oder minder geflickten Strümpfen in unserm Zimmer umher. Glasfenster gibt es auch nicht, zwei gegenüberliegende Wände sind mit Papierfenstern versehen, vor denen bei Nacht Holzwände vorgeschoben werden. Den Tag verbrachten wir mit »Einrichten«, d.h. Anbringen von Brettern, Einschlagen von Nägeln etc. zur Freude des Priesters, der sicher schon seinen Schadensersatz überschlug!

Am 21. November 1914 wurde uns der Kurs bekannt gegeben, zu dem unsere Dollars umgetauscht werden: 70 sen! Die Noten der Deutsch-Asiatischen Bank werden nicht eingewechselt.
Nun haben wir wenigstens etwas Geld; denn abgesehen davon, dass man kleine Bedürfnisse hat, die sich auf die Haarpflege beziehen und den Körper, brauchen wir Geld, um den Hunger zu stillen! Das Essen – Zusammengekochtes, Fleisch und Kartoffeln – ist knapp, und nur das Brot, nach Art des Schiffsbrotes, ist gut. Als Getränk gibt es Tee, den wir, da er grün ist, als gefärbtes Wasser bezeichnen.
Neuerdings ist eine Kantine aufgemacht worden, die japanische und europäische Konserven verkauft; sie dienen uns als Zutaten zum Essen. Sonst vertreiben wir uns die Zeit mit Kartenspielen und Lesen von Büchern, die einige mitgebracht haben.

Heute [22. November?] wurden wir zum Baden geführt; ehe wir aber das dampfend heiße Bassin betraten, mussten wir uns gehörig einseifen und abspülen. Das Wasser hatte ca. 44 Grad und war für uns Europäer zu heiß, während es die mit uns badenden Japaner ohne Weiteres aushielten, auch die Frauen, die nebenan im Wasser waren, den Männern sichtbar.
Trotz des behaglichen Gefühls, das sich allmählich einstellte, verschaffte uns der kalte Wind eine richtige Erkältung, deren Heilung schwierig war. Denn durch unser Papierhaus blies der Wind, und wir hatten dauernd kalte Füße, weil wir nicht gewöhnt waren, ohne Schuhe herumzulaufen.

Am 23. November 1914 wurde eine japanische Fahne vor unserm Tempel aufgepflanzt, da ein Feiertag – Chrysanthemenfest oder dergleichen – war. Nachmittags hatten wir den Besuch von Major Matzki, dem Vorgesetzten unseres Oberleutnants Adachi. Er war ein ganz sympathischer Herr, der sechs Jahre in der deutschen Armee gedient haben sollte und der sich nach unserm Befinden erkundigte. Er nahm unsere Beschwerden betreffend Essen und Schlafen – wir schlafen auf Matratzen auf dem Boden! – zur Kenntnis und versprach, Abhilfe zu schaffen!
In der Kantine gibt es allerlei Leckerbissen, aber es fehlt das Geld! Briefe und Karten werden jetzt befördert, aber ich habe kein rechtes Zutrauen und glaube, es wird sehr lange dauern, bis eine Nachricht weggeht, wenn sie überhaupt abgeht!

Wie der Major versprochen hatte, wurden wir am 25. November 1914 in eine Chrysanthemen-Ausstellung geführt.
Kurz etwas vom Leben und Treiben auf der Straße, durch die wir gingen: Uns, den aus China Kommenden, fiel vor allem das freie und ungezwungene Benehmen der Japanerin auf. Während der Chinese seine Frauen, vor allem, wenn sie jung waren, dem Auge des Europäers zu entziehen suchte, während sich das Chinesenmädchen schamhaft abwendet, wenn ihm jemand begegnete, bewegt sich die Japanerin wie die Europäerin, ja noch freier; denn es ist ein Zeichen der Hochschätzung der Frau und der Mutterschaft, wenn die Frau in der Öffentlichkeit ihre Kinder säugen kann, ohne neugierige Blicke auf sich zu lenken.
Auch hier haben die Läden nicht wie bei uns Schaufenster, sondern sind, wie das eben im Osten üblich ist, an der nach der Straße zu gelegenen Seite offen, die Waren liegen frei vor den Augen des Beschauers. In unserer Landstadt kennt man auch keine gepflasterten Straßen, wenn es regnet, ist es ungemütlich!
Im Übrigen schrieb schon Lafcadio Hearn vor 20 Jahren über die südliche Hauptinsel: »Kyushu ist noch immer, wie von alters her, der konservativste Teil Japans und Kumamoto, seine Hauptstadt, das Zentrum des konservativen Empfindens!«

Die Ausstellung selbst, die in einem zirkusähnlichen Gebäude stattfand, hat mich insofern enttäuscht, als bei solchen Gelegenheiten in Deutschland natürlich gewachsene Pflanzen gezeigt werden. Wie der Japaner aus Bäumen Bäumchen macht, indem er sie mit Schnüren, Bambusstäbchen formt, schließlich sogar die Wurzeln beschneidet, so hat er auch hier mit Hilfe von Gestellen Automobile, Lokomotiven, Schiffe und dergleichen aus lebenden Chrysanthemen hergestellt. Diese Dinge mögen kunstvoll sein, ich fand sie geschmacklos, aber das japanische Volk hat diese »Arrangements« sehr gelobt - oder es glaubte, sich europäisch zu geben?
In einer kleinen Theatervorstellung wurden uns die Wachsbilder japanischer Helden vorgeführt. Aber wir empfanden dieses sogenannte Volksempfinden als primitiv und kindlich – man braucht eben Jahre, bis man sich in die japanische Volksseele hineinfindet. Nach der Vorstellung führte uns der Ober [Oberleutnant?] auf unsere Bitten auf einen Hügel, den Hana-okayama, von wo aus wir eine schöne Rundsicht über Kumamoto und die Berge im Osten hatten. Es war ein seltsam anmutendes Bild: auf der einen Seite die bewaldeten Berge in ihrer herbstlichen Färbung, an den Abhängen terrassenförmige, grüne Felder, in der Ferne das vulkanische Gebirge, in dem sonst der wegen des Nebels unsichtbare Vulkan Aso raucht, im Südwesten, im Dunst fast verschwindend, das Meer!
Bei der Rückkehr wurde uns eine kleine Überraschung zuteil: Siemens-Schuckert, Kobe, streckte jedem Unteroffizier der Reserve 50 Yen vor.

Der 29. November 1914 war ein Sonntag, aber man merkt nicht viel davon – ein Tag ist wie der andere!
Wir haben einen Ofen bekommen, einen sogenannten Hibatchi, ein mit Eisen beschlagenes Holzgestell, auf dem glühende Holzkohlen den Raum erwärmen sollen. Die Temperatur ist hier wie bei uns im März/April nachts kühl, oft kalt, tagsüber heiß, wenn die Sonne scheint, unfreundlich nasskalt, wenn der Himmel bedeckt ist. Also wir können einen solchen Hibatchi recht gut brauchen. Aber das Futter, die Holzkohlen, gibt es erst Mitte Dezember! So haben wir durch unsern »Hausherrn«, den Priester, verbotenerweise welche besorgen lassen!

[30. November] Heute nacht kommen weitere 150 Gefangene in die Stadt: Kranke und Leute vom Seezoll sowie von der Schantung-Eisenbahn, die ursprünglich freigelassen werden sollten.

Heute, am 3. Dezember 1914, war es recht ungemütlich, denn der ganze Tempel wurde gesäubert, da eine Besichtigung durch einen General angesagt war, von dem man uns versicherte, dass er sich große Lorbeeren im russisch-japanischen Krieg erworben habe!
Die Aufregung war überflüssig. Der hohe Herr übertrat unsere Schwelle nicht und ließ uns durch einen Dolmetscher sagen, er wüsste, dass es uns nicht so gut gehe, wie wir es gewohnt seien, dass er aber alles tun werde, um uns das Leben so angenehm wie möglich zu machen. Nach diesen Worten verließ uns der General, der mit großem Gefolge angerückt war.

Da es gestern regnete – was war das für uns ein langweiliger Tag! –, wurde heute, am 5. Dezember 1914, der angesagte Ausflug gemacht. Bei schönstem Wetter gingen wir durch die Stadt und in halbstündigem Marsch durch kleine, schlammige Dörfer zum Shinonomero-Park, der von dem Vater eines im russisch-japanischen Krieg gefallenen Offiziers der Öffentlichkeit geschenkt worden war. Es war aber kein Park mit Baumgruppen, wie wir ihn uns vorstellen. Da waren kleine Kunstbäume, teilweise sicher uralt, Teiche mit großen Goldfischen, ein Tempel und Teehäuser. Obwohl dieser Garten einige recht hübsche Bilder bot, war er unsern Seesoldaten bald langweilig; der Japaner aber betrachtet jeden einzelnen Baum als Kunstwerk, das so eingepflanzt ist, dass man es von allen Seiten betrachten kann.
Im Hintergrunde des Parks war, auf einem Pferde sitzend, der junge Offizier, in Bronze gegossen, lebensgroß zu sehen.
Das Wesentliche für uns war, dass wir uns auf einem größeren Platz frei bewegen konnten, dass wir eine Stunde »Freiheit« hatten!
Auf dem Rückweg wurden wir durch die Hauptgeschäftsstraße geführt, wo bereits elektrische Lampen und Plakate als Vorbereitung für die kommende Neujahrszeit aufgehängt waren. Wie gerne hätte man da und dort haltgemacht, um dieses oder jenes genauer zu besehen, aber man musste in Reih und Glied, wenn nicht in gleichem Schritt marschieren, so doch gehen, man war ja Gefangener!

Am 6. Dezember 1914 war wieder Sonntag – nichts Neues! Langweilig wie immer! Wir waren auf den Aufenthalt in unserm Tempel beschränkt und können als Unteroffiziere nur in die im nächsten Tempel liegende Kantine frei gehen, was selbst den Mannschaften verboten ist, wenn sie nicht einen Unteroffizier bei sich haben.
Zu sehr anständigen Preisen können wir dort allerlei kaufen, und zwar außer Wäsche Lebensmittel wie Mandarinen, Äpfel, Bananen, Bier, Rotwein, Milch, konservierten Käse und Butter, Heringe, sogar ganze geräucherte Schinken, Jam – nur keinen konzentrierten Alkohol!

Heute, am 8. Dezember 1914, wurden wir wieder ausgeführt, und zwar zum Honmo-ji-Tempel, einer großen Anlage, zu der wir 150 Stufen hinaufsteigen mussten, an deren Seiten Grabmäler stehen. Hohe Bambusbäume und Zedern geben der Anlage einen düsteren Anblick, auf deren Höhe der eigentliche Tempel ist. Dort wird anscheinend der durch sein und seiner Frau Harakiri berühmte General Nogi besonders verehrt. Wir beobachteten vier betende Frauen, die mit einem Gummiknüppel auf große Pauken schlugen und dabei ihre Gebete plapperten; ein wenig hat mich dies an die Beterei in unsern großen Kirchen erinnert, wo sich die Betenden auch durch gaffende Zuschauer nicht stören lassen.
In einem Holzkäfig stand das Modell eines Pferdes, das als Orakel diente: Die Japaner spuckten einen Papierklumpen auf das Pferd, blieb er hängen, so hatte man Glück, fiel er ab, so hatte man Unglück! Ferner stand da eine in Bronze gegossene, trefflich ausgeführte Figur eines Affen in Lebensgröße. Auch er war offenbar ein Götzenbild, denn die Japaner berührten erst die Körperteile des Affen, dann die entsprechenden eigenen, um Krankheiten fernzuhalten und zu heilen. Aber wohl die entgegengesetzte Wirkung wurde herbeigeführt, da dem Tempel ein Asyl für Leprakranke angegliedert ist, die in der Tempelanlage frei umher liefen, entsetzlich anzusehen mit den entstellten Gesichtern. Das war auch der Grund, weshalb uns dringend abgeraten worden war, Einkäufe an den vor dem Tempel befindlichen Läden zu machen!
Auf dem Heimweg wurden wir an der großen Befestigungsmauer des alten Kumamoto vorbeigeführt: Auf 30 Meter hohen Steinmauern, von tiefen Gräben umgeben, erhob sich das Kastell, früher eine uneinnehmbare Festung, heute die einzige Sehenswürdigkeit der Stadt, die nicht wie im Norden Tempel und Sehenswürdigkeiten zieren, die heute nur eine Unterkunft für die große Garnison ist.

Mit dem heutigen Tag, dem 9. Dezember 1914, trat das »Offizielle Tagesprogramm für die Kriegsgefangenen« in Kraft, das wir uns selbst gegeben hatten, um über die Langeweile, vor allem der Mannschaften, hinwegzukommen:
»Um 6 Uhr ist ›Wecken‹ durch den Unteroffizier von Dienst, wobei wir Unteroffiziere nicht vor 7:30 Uhr aufstehen, anschließend Frühstück!
Um 9 Uhr lässt der Tempelälteste, Sergeant Martin, zum ›Dienst‹ antreten, der für die Aktiven aus Freiübungen, für die Reservisten aus ›Jugendspielen‹ besteht. Da aber der Raum nur aus dem Tempelhof besteht und im Übrigen steinerne Grabdenkmäler, Laternen und – Latrinen den Dienst behindern, hat die Sache wenig Anziehendes.
Um 11 Uhr hören wir auf, und um 12 Uhr wird das Essen geholt; der Nachmittag ist frei für »geistige« Beschäftigung!
Das Abendessen ist um 6 Uhr, und um 9 Uhr ist Zapfenstreich, bei den Unteroffizieren gewöhnlich später.
Zweimal in der Woche sollen wir von den Japanern ausgeführt werden; das ist so ziemlich die einzige Abwechslung in unserm langweiligen Leben. Einmal in der Woche soll Baden und Tempelrevision durch unsern Ober Adachi sein. Man könnte sich also über schlechte Behandlung nicht beklagen: Wir brauchen nicht zu arbeiten, bekommen reichlich, nach japanischer Auffassung sogar gut, zu essen und werden von unsern Feinden wenig belästigt – außer der Absperrung, die rund um die Anlagen geht. Den Offizieren in der Stadt soll es in Bezug auf Bewegungsfreiheit viel schlechter gehen.

Das Ziel unseres Ausflugs am 11. Dezember 1914 war wiederum der Hana-okayama, was bei dem Schmutz einen recht beschwerlichen Anstieg bedeutete. Diesmal gingen wir weiter auf einen bewaldeten Hügel, und ein heimatliches Gefühl kam mich an, als ich durch das modrig duftende feuchte Laub dahinstapfte. Eichen und Farnkräuter erinnerten an den deutschen Wald. Der steile Abstieg brachte unsere lahmen Knochen in angenehme Bewegung. Der Rückweg führte uns durch die Stadt, und zwar durch dieselben Straßen, die wir vor vier Wochen vom Bahnhof aus gegangen waren. Nur war weniger Publikum da, wenn auch die Leute an die Türen rannten, wie wenn bei uns das Militär durch die Straße zieht!

Am Dienstag, 14. Dezember 1914, wurde uns eine Überraschung und ein Vergnügen zuteil, wie es wohl keinem Gefangenen in Europa gewährt wird. Die Japaner geben sich nämlich alle Mühe, uns auch mit den Errungenschaften moderner Zivilisation vertraut zu machen und uns zu zeigen, dass sie eine »westliche« Kulturnation sind. Wir wurden in ein Kinotheater geführt, und zwar habe, wie uns der Hauptmann sagte, der Besitzer sich die Mühe nicht verdrießen lassen, ein möglichst gutes Programm zusammenzustellen; wenn wir in Europa auch alles besser hätten, so möchten wir doch mit dem Wenigen zufrieden sein, was man uns bieten könne. Also eine echt japanische captatio benevolentiae, die durch eifriges Händeklatschen unserer Leute belohnt wurde.

Das Programm selbst bestand aus einem Ulkfilm, einem Drama »Prager Studenten«, einem deutschen Film, einem Zauberfilm und einem Film, der japanische Heldenkämpfe zeigte. Aber die Vorführung war minderwertig: zu flimmernd und zu langsam, was z.B. bei galoppierenden Pferden recht ulkig aussah! Begleitet wurde die Vorstellung durch eine Kapelle; aber man stelle sich »Über den Wellen« im Viervierteltakt und Ähnliches vor! Entsprechend war die Zusammenstellung der Instrumente; aber der gute Wille war da, und unsere Nerven hatten Stärkeres ausgehalten!
Das Theater war wie ein europäisches eingerichtet, nur die Balkonlogen waren mit Matten ausgestattet, wo man sich mit ausgezogenen Stiefeln auf den Boden hockte.
Im Theater trafen wir die die Amida-ji-Leute vom Stadt-Tempel; unter diesen war auch mein Kamerad Stegemann, von dem ich erfuhr, dass meine Koffer unversehrt in der »Eiche« seien. Einzelne Kasernen und Straßen seien zwar geplündert worden; die japanischen Offiziere seien aber den Plünderern mit dem Revolver entgegengetreten und hätten auf dem Kasernenhof zwei plündernde Soldaten erschossen. In ganz Tsingtau sollen vier erschossen worden sein.1
Ich beschloss, alles an Ort und Stelle zu lassen, zumal die Koffer mir hier nur im Wege stehen würden!

Am Abend bekamen wir zum ersten Mal deutsche Zeitungen aus der Kriegszeit zu Gesicht: In der »Illustrirten Zeitung« von Anfang bis Mitte August 1914 haben wir die neuen 42er bewundert2 und ein wenig von der großen Begeisterung verspürt, die in Deutschland geherrscht haben muss.
Auch die »Lustigen Blätter« vom August bekamen einige. Wir haben uns darüber darüber gefreut, dass der deutsche Humor nicht ausgestorben ist, dass er sich aber nur gegen das Ausland, vor allem England richtet, das ja auch Japan in den Krieg gehetzt hat.
Man bekommt Sehnsucht, zuhause mitkämpfen zu dürfen, wo jeder sein Äußerstes tun muss, um Deutschland zum Siege zu verhelfen. Es erfasst einen Schmerz und Wehmut, dass man in dieser vielleicht größten Zeit Deutschlands nicht daheim ist, auf einen dem Untergang geweihten Außenposten verbannt war und dem großen Geschehen untätig zusehen muss.

Am 16. Dezember 1914 feierten die »Schwaben« [= Studentenverbindung] in München das 111. Stiftungsfest, wohl ernst und still, den schweren Zeiten angemessen. Ob man an mich gedacht und mir das Band zurückgegeben hat, das ich studienhalber zurückgegeben hatte?
Es wird immer besser hier, denn wir bekommen sogar deutsche Wurst! In Schanghai besteht eine Deutsche Schlachterei, geführt von einem gewissen Neumann. Ich selbst habe zwar niemanden im Osten, von dem ich ein Liebesgabenpaket zu erwarten hätte, aber meine Kameraden, insbesondere Eckert, teilen mit mir, wobei bewundernswert ist, wie die Firmen im Osten für ihre Angestellten sorgen.
Außerdem haben Kameraden von mir heute wieder deutsche Zeitungen bekommen, und zwar das »Hannoverische Tageblatt«, das nun zirkuliert. Die Begeisterung in Deutschland muss ja ungeheuer gewesen sein, und wir haben aus der deutschen Zeitung wieder einmal die Wahrheit erfahren, denn alle unsere Wissenschaft mussten wir bis jetzt aus dem in Tokyo erscheinenden »Japan Chronicle« schöpfen. Er bringt nur die schönen Reuter-Meldungen, ist aber in gewissem Sinne objektiv. In Tsingtau hatten wir nach der Einstellung der »Tsingtauer Kriegsnachrichten« mit der Außenwelt Verbindung durch unsere Telefunkenstation. So kamen wenigstens spärliche Nachrichten zu uns, von der Schlacht bei Tannenberg, der Einnahme Antwerpens usw. Aber erst die Zeitung stärkte in uns wieder das Vertrauen auf Deutschlands Heerführer, das, denen in der Heimat unverständlich und unbegreiflich, durch die schwankenden Nachrichten der englischen Presse beinahe ins Wanken gebracht worden war.

Ein herrlicher Tag, heute am 17. Dezember 1914 ist die Luft so weich wie zuhause im Frühjahr, und die Sonne brennt fast. Das Wetter war wie geschaffen für unsern heutigen Ausflug, der uns durch die frisch bestellten Felder führte, auf denen schon hier und da ein sattes Grün prangte. Wir kamen an den Schießständen der Garnison vorbei, die eine etwas primitivere Einrichtung zeigten als die unsrigen.
Nach einer Stunde kamen wir zu unserm Ziel, zum Manari-Tempel. Er erhob sich mitten aus der Ebene und war an einer Seite des Hügels durch eine Riesenmauer gestützt. Angeblich sollte der Hügel Füchsen zum Unterschlupf dienen, denen als heiligen Tieren der Tempel geweiht war. Die Eingänge zu den Höhlen der Fuchsbauten waren überdacht, und die Gläubigen brachten nicht nur ihre Gebete dar, sondern auch ihre Opfer in Gestalt eines Reiskuchens etc. Es ging den Füchsen also nicht schlecht – wenn welche da waren! Eigenartig war die Sammlung von Haarbüscheln, die sich in einem Anbau des Tempels befand und über deren Bedeutung wir uns nicht klar wurden. Wieder einigermaßen erfrischt, kehrten wir in unser »Gefängnis« zurück.
Wir bekamen von den Deutschen in Japan wieder eine Menge Liebesgaben, z.B. Schwarzbrot und frische Butter, die es in der Kantine nicht zu kaufen gab, ferner deutsche Zeitungen wie das »Tageblatt für Nordchina«, deutsch-amerikanische Zeitungen etc. Ursprünglich waren deutsche Zeitungen von den Japanern verboten worden. Aber man ist von diesem Verbot wohl abgekommen: Ohne Zensur bekamen wir die Zeitungen und Zeitschriften, die manchmal wenig Schmeichelhaftes für die Söhne Japans enthielten. Ich erinnere mich noch an die Witzblätter wie »Ulk«, »Jugend«, »Lustige Blätter«.
Als freudige Nachricht hörten wir vom Siege Hindenburgs bei Lodz. Das russische Millionenheer kann uns jetzt nicht mehr imponieren, und eine große Sorge ist uns genommen.

Aus Anlass des bevorstehenden Weihnachtsfestes war uns Unteroffizieren heute, am 18. Dezember 1914, erlaubt worden, unter Führung unseres »Obers« in der Stadt Einkäufe zu machen. Sie sollten sich auf das beschränken, was in der Kantine nicht zu haben war, z.B. Bratpfannen (»Schmirgeln«, d.h. Braten, war von den Japanern offiziell verboten!), Süßigkeiten usw. Als sich einige von uns auf Alkohol stürzen wollten, wurde der »Ober« sehr böse und drohte, mit uns sofort nach Hause zu gehen: »Das Major verbotten, das geht nicht!« So müssen wir uns eben an den Feiertagen mit dem japanischen Bier (ganz ordentlich – deutscher Braumeister!) und dem annehmbaren Zinfandel (angeblich aus Kalifornien stammendem Rotwein) begnügen, obwohl einem ab und zu ein Schluck Cognac recht gut täte!
Die Reklameschilder tragenden Männer wurden ab und zu von Kapellen begleitet. Heute spielte eine solche Kapelle: »Ich bin ein Preuße« – allerdings in japanischer Variation. Man sieht, selbst die Musik, die doch aus dem Innern des Menschen kommen sollte, muss sich eine Europäisierung gefallen lassen. Der Japaner macht überhaupt alles nach, was er an anderen sieht und für praktisch hält. Er ist dabei in der Wahl seiner Mittel ziemlich skrupellos und kennt keine Gesetze und Anstandsgefühle, wenn es sich um die Konkurrenz mit dem Ausland handelt. Es werden hier Artikel in der Aufmachung der europäischen fabriziert und verkauft; nur an kleinen Änderungen merkt man den Unterschied – und an der minderwertigen Qualität!

Kumamoto, den 23. Dezember 1914. Bei uns zuhause war es immer am schönsten, wenn an Weihnachten Schnee fiel, wenn die Landschaft in Weiß prangte, wenn die Bäume unter der Last des Schnees zusammenzubrechen drohten.
Hier ist natürlich an Schnee nicht zu denken, aber das Wetter ist sehr launisch: Neulich war es wunderschön, in der Sonne wie immer heiß, dann gab es wieder Regen, und heute ist es heiß und schön!
Der »Dienst« hat in Anbetracht der Vorbereitungen zu Weihnachten eine Unterbrechung erfahren. Die Mannschaften kleben Papier und geben sich alle Mühe, mit den zur Verfügung stehenden, primitiven Mitteln möglichst viel zu erreichen. Zwei große Zeppeline und eine Flugmaschine hängen schon von der Decke herab, in einer Ecke steht ein Leuchtturm; in einer anderen eine Sennhütte mit einem fensterlnden Tiroler: So hat jeder in irgendeiner Weise die ihm zur Verfügung stehende, viele freie Zeit ausgenützt.
In unserer »Unteroffiziersstube« bleibt es dagegen kahl wie immer, denn wir sind in dem verhältnismäßig kleinen Zimmer zuviel Leute, und jeder Schmuck würde unsere Bequemlichkeit beeinträchtigen. Ja, wir sind zuviele, und das macht sich auch in anderer Weise bemerkbar: 27 Leute können natürlich nicht in allen Lebensansichten harmonisieren, noch dazu, wenn sie aus verschiedenen Lebensstellungen kommen und hier zusammengewürfelt sind. Es muss eine Cliquenwirtschaft entstehen – Dispute und Streitereien sind die weiteren Folgen. Dazu kommen die verschiedenartigen Temperamente, die einen weiteren Reibungsstoff bilden: Der eine will Ruhe, will lesen, will schreiben, der andere ist lebhaft, tobt im Zimmer umher, hat keine geistigen Interessen. Was uns immer wieder zusammenhält, ist das Gefühl der Zusammengehörigkeit gegenüber den Japanern, das Gefühl, einer Rasse anzugehören, die höher steht als die, die uns nur durch ihre Übermacht besiegten.

Auch diese »Strapaze« werden wir ertragen, diesen Ausfluss der übergroßen Nervosität, die die aufgezwungene Lebensführung in uns erzeugt. Gestern, am 24. Dezember 1914, war Weihnachtsabend, ein eigenartiges Gefühl, da ich ihn zum ersten Mal außerhalb des Elternhauses verbrachte. Zuhause der Krieg, das unbestimmte Schicksal der Verwandten und Bekannten, Deutschlands Schicksal, die Untätigkeit, zu der ich verurteilt bin – das alles bewegt mich an einem solchen Tag, den ich von Kind auf zu feiern gewohnt war, mehr als an gewöhnlichen Tagen!

Unsere Feier:
Um halb 7 Uhr abends versammelten wir uns in der geschmückten Tempelhalle. Vor dem verhängten Hauptaltar stand der mit Kerzen, silbernen Füßen etc. verzierte, von den Japanern zur Verfügung gestellte Weihnachtsbaum. An der Wand hing das Bild des Kaisers, und beleuchtete Transparente, z.B. mit der Aufschrift »Fröhliche Weihnachten!«, versuchten in den heidnischen Tempel ein christlich-deutsches Fest zu zaubern. Man mag über Religion denken, wie man will: In solchen Augenblicken ist man doch dankbar, dass man »religiös« erzogen worden ist, dass diese eine Feier Millionen von Menschen verbindet!
Unser Tempelältester, Sergeant Martin, hielt eine kurze, dem Ernst der Zeit angemessene Rede, worauf ein Sängerchor sich hören ließ: »Es ist ein Ros' entsprungen« und »O du fröhliche!«; ein gemeinsames Lied »Stille Nacht...« beendete den offiziellen Teil der Feier.
Hierauf ging jeder zu seinem Platz am Gabentisch, wo man sich die Mühe gegeben hatte, uns so reich als möglich zu beschenken: Von den Deutschen Ostasiens war Unterwäsche, Kleidung und sonstiges Nützliche gekommen; von der japanischen Regierung wurden außer dem guten Abendessen fünf Mandarinen, eine Flasche Bier, Kuchen und ein Kästchen zum Aufbewahren kleinerer Sachen gestiftet; Kuchen gab es auch vom japanischen Koch. Außerdem erhielten die Mannschaften von uns Reservisten Cigarren und Cigaretten, die aktiven Unteroffiziere zwei Schinken. Ein jeder musste also mit den Gaben zufrieden sein, mehr wäre kaum möglich gewesen.

Gegen 7 Uhr erschien der Major [Lagerkommandant], der sich den Sang anhörte und sich auf jede Weise populär zu machen versuchte. Der Weihnachtsmann hatte für einige von uns noch besondere Überraschungen, wozu ich die Verse verbrochen hatte; aber ich will es nicht wieder tun, da schon vorgestern einige Herren großen Krach geschlagen hatten: Sie hätten gehört, es solle am Weihnachtsabend dieser oder jener »veräppelt« werden, sie beteiligten sich nicht an der Feier etc. Na, das waren eben die, die das schlechteste Gewissen hatten und die auch sonst die schlechtesten Kameraden waren. – Was schiert's schließlich den Mond, wenn ihn der Hund anbellt?!
Dann kam das von den Japanern spendierte Abendessen. Wir hatten durchgesetzt, dass unsere eigenen Leute kochen durften, und so hatten wir gebackenen Fisch und einen annehmbaren Entenbraten mit Kartoffeln. Dazu gab es bei uns Vieren – Eckert, Schnack, Vollweiler und mir, die von einer Bank aßen, wobei die zusammengelegten Decken die Sitze bildeten, Bier, Käse, Butter und Wurst.
Von 8 Uhr ab gaben die Mannschaften eine Vorstellung, bei der sich Talentierte durch Theaterspielen und Gesangsvorträge hervortaten. Wir von der Bank brauten uns dann einen Glühwein aus Zinfandel, Zucker und Mandarinenschalen. Vielleicht wurde dadurch unsere Weihnachtsfeier etwas lebhafter als zuhause; aber es war gut so, da die dummen Gedanken auf diese Weise übertönt, zeitweise sogar verscheucht wurden.
Als um 1 Uhr der letzte von uns in der Falle lag und Ruhe herrschte, war ich doch froh, dass eine Feier vorüber war, die ich wenig schätze, wenn sie im großen Kreise vor sich geht.

Am 28. Dezember 1914. – Feiertage sind für mich immer etwas Langweiliges. Ich finde, der Genuss der Ruhe ist ein doppelter, wenn die Ruhe von Arbeit umgeben ist; darum liebe ich Spaziergänge an Wochentagen mehr als an Sonntagen, wenn überall Ruhe herrscht.
Wir haben ja Ruhe genu»g, fast zuviel, aber trotzdem waren diese drei Feiertage so langweilig wie kaum ein anderer Tag, und ich bin wirklich froh, dass sie vorüber sind. Dazu kommt allerdings, dass am ersten Feiertag recht trübes Wetter und unsere Stimmung nicht die rosigste war.

Vorgestern, also am Samstag, wurden uns ein paar Priester vorgestellt, die uns durch unsern »Ober« sagen ließen, sie seien von einer Sekte geschickt, um uns ein Präparat zu bringen; dieses sollten wir nehmen, um unsere Schmerzen zu vergessen. Wie wir hörten, soll es sich bei »Hotan«, so hieß dieses Mittel, um ein in Japan bekanntes Allheilmittel handeln, ähnlich unserm Aspirin!

Gestern war Sonntag – nichts Neues! Doch – am Abend war ich noch bei unserm Priester und Hausherrn zu Gast. Während wir sonst nur mit dem wenig gebildeten Volk, den kleinen Krämern in Berührung kommen, muss ich über den Priester einiges sagen: Er ist, auch nach japanischen Begriffen, ein hochgebildeter Mann, der die Hochschule in Tokyo besucht hat, zu seiner Priestertracht einen sorgfältig rasierten Schädel sowie Gesicht trägt und 45 Jahre alt ist. Wie er uns erzählte, gehörte er einer Klasse an, der es gestattet wäre, zwei Frauen zu halten – der Mikado dürfte deren zwölf haben, was aber praktisch nie ausgeübt würde.
Er ist um uns sehr besorgt und verschafft uns alles, was wir wollen, wenn er dadurch nur nicht mit dem Militär in Konflikt kommt, vor dem er einen Heidenrespekt hat. Des Öfteren bringt er uns Migans (Mandarinen), Reiskuchen, Pfeffergurken, Senfsoße, Lotoswurst, Süßigkeiten, kurz: alle möglichen japanischen Delikatessen; dafür nimmt er keinerlei Entschädigung außer einer gelegentlichen Cigarre oder Cigarette.

Ein Laster hat er allerdings: Er trinkt, nein er säuft, ohne aber dabei aus der Rolle zu fallen. Von seinem Leib- und Magengetränk, dem warmen Sake, bringt er uns des Öfteren; auch lädt er abends gewöhnlich einen oder zwei Spezialfreunde in sein kleines Geheimzimmer ein, wo, am Hibatchi auf dem Boden hockend, das Trinken vor sich geht. So war auch ich einmal mit drüben, nur aus Interesse; denn ich mag den Sake, den japanischen Reiswein, nicht, der einen ölig-fauligen Geschmack hat. Es gab allerdings »Aka«, ein rotes, süßes Schnapsgetränk, das auch ein Sakegetränk sein muss und etwas trinkbarer ist. Dazu reichte er uns erst gebackenene Shrimps, dann buk er uns auf dem Hibatchi ein paar Fischchen mit Soyasoße. Sein Name ist Sado, er wird aber »Sado-san« genannt; »san« ist eine Höflichkeitsform und bedeutet soviel wie »erhabener«. Zum Schluss brachte uns Missis Sado-san – so nennen wir seine Haushälterin – Migans!
Der Alte – so alt ist er garnicht, obwohl er bei seinen 45 Jahren recht verlebt aussieht! – versteht weder Deutsch noch Englisch, sein Mienenspiel ist aber so ausdrucksvoll, dass wir uns mit ihm sehr gut verständigen können. Neulich sah er z.B. beim Kartenspielen zu und fing plötzlich an zu gestikulieren. Wir verstanden nicht recht, was er wollte; da begann er, sich auszuziehen und wollte damit andeuten, dass wir solange spielen würden, bis wir unser Hemd verlieren!
Mrs. »Sado-san«, also eine Art Pfarrköchin, ist ein zierliches Mütterchen von 38 Jahren, sieht aber älter aus. Wir freuen uns immer, wenn wir ihr helles Lachen hören; Lachen ist eigentlich zu roh ausgedrückt, denn alles an ihr ist klein und zierlich. Sie sorgt für uns wie für ihre Kinder; z.B. bringt sie uns glühende Holzkohlen, wenn es in der Frühe kalt ist!

Heute morgen, am 29. Dezember 1914, besuchte uns ein japanischer Oberst, der im Namen des Kriegsministeriums unsere Sachen visitierte. Alles wurde durchgekramt, aber es wurde uns nichts abgenommen; nur in einem Tempel sollen sie ein Tagebuch konfisziert haben.
Zum Schluss hörte sich der Oberst unsere neue Kapelle an, die wir seit ein paar Tagen besitzen. Aus Bambusrohr haben sich die Leute Pfeifen angefertigt, ein Paar Mundharmonikas waren da, einer hatte sogar eine Mundharmonika in die Gefangenschaft gerettet, und ein paar opferwillige Seelen haben sogar eine Geige spendiert. So haben wir zwar ein zwar etwas misstönendes, aber Radau machendes Orchester, von dem unser Major so begeistert ist, dass er die Stiftung eines Instrumentes versprochen hat.
Am Nachmittag machten wir einen Ausflug zu dem dreiviertel Stunden entfernten Exerzierplatz, wo die Leute mit dem Ball spielen konnten, den die japanische Regierung zu Weihnachten gestiftet hatte.
Dort trafen wir wieder die Männer vom Tempel Amida-ji, und ich sprach mit Stegemann und Dr. Rappenecker. Wir befanden uns wieder einmal auf einem großen freien Platz und hatten für eine Stunde nicht das Gefühl der Enge, der Gefangenschaft!
Im Osten leuchtete das schneebedeckte Gebirge, rauchte der Asosan – ein reizvolles Bild!

Um 8 Uhr früh am 30. Dezember 1914 kam schon wieder ein japanischer Oberst, etwas sehr früh! Glücklicherweise kam er nicht in unser Zimmer, denn die meisten waren eben erst aufgestanden, und es sah recht lustig aus! Er beschränkte sich auf das Anhören der Kapelle und verliess uns.
Am Nachmittag war bei herrlichstem Wetter wieder ein Ausflug, aber ich war nicht in Stimmung und ging nicht mit.

Heute, am 31. Dezember 1914, habe ich ein Telegramm an die Deutsch-Asiatische Bank in Shanghai um Geld geschickt, da die 50 Yen von Siemens-Schuckert schon aufgebraucht sind. Ich bin gespannt, ob die Shanghai-Bank mein Tsingtau-Akkreditiv anerkennt!
Um den letzten Tag im Jahr würdig zu begehen, kochten wir »Vier« uns ein besonderes Abendessen, denn das von den Japanern gelieferte Essen ist meist so übel, dass wir auf dem verbotenen Hibatchi etwas anderes kochen, eine Reisspeise, wenn es Reis gibt, oder etwas von Eiern. Heute gab es als hors d'oeuvre belegte Brötchen, d.h. unser Weißbrot in Scheiben geschnitten, über dem Feuer geröstet, mit harten Eiern, Ölsardinen oder mit Anchovisbutter. Als Hauptgang hatte uns die Oksan ausgezeichnete Hammelzungen besorgt, die wir brieten und mit Gerösteten aßen. (Die Erdäpfel hatten wir mittags aus der Suppe gefischt.)
Als Nachspeise gab es Holländer-Käse mit Butter und Migans, dazu Bier und Médoc! Wir leben also nicht schlecht!

Ich darf nicht vergessen zu erwähnen, dass die japanische Regierung wieder Kuchen und Migans zu Neujahr gestiftet hat, das ja für die Japaner – wie für die Chinesen! – als der höchste Feiertag gilt. Von 8 Uhr abends ab war wieder Vorstellung im Tempel, wobei sich vor allem die Kapelle bewährte. Unser Gebräu aus Zinfandel sorgte für die innere Feuchtigkeit. Punkt 12 Uhr stieß unser Priester im Glockenturm mit dem mächtigen Balken die bronzene Glocke an, eine kurze Rede unseres Tempelältesten folgte, und dann hallten die heidnischen Räume von unsern »Prost Neujahr!«-Rufen wider; erst um halb 4 Uhr wurde es still.

Im vergangenen Jahr habe ich viel erlebt, viel Neues gesehen. Erfreuliches und Trauriges hat sich ereignet. Was wird das Neue Jahr bringen – hoffentlich einen baldigen, für Deutschland günstigen Frieden. Dies ist vorläufig mein einziger Wunsch, an dessen Erfüllung sich eine Menge anderer anschließen!
 

c) Kumamoto – erstes Tagebuch [1.1. bis 15.2.1915]

In Anbetracht der nächtlichen Unsolidität sind wir am 1. Januar 1915 erst um 10 Uhr aufgestanden. Unser Frühstück (Kaffee mit Toast, Butter und Honig) konnten wir im Garten einnehmen, so schön war das Wetter! Nachmittags waren drei aktive Feldwebel aus dem Amida-ji-Tempel bei uns zur Kaffeevisite: Schumann, Jabs und Zeh.

Vom 2. Januar 1915 berichte ich, dass zwei Obermaaten von einem anderen Tempel es nicht lassen konnten, nachts in die Stadt zu den Mädchen zu gehen. Sie wurden natürlich erwischt und bekamen je zehn Tage strengen Arrest. Das Schlimme aber ist, dass wir keine Post mehr bekommen sollen und dass wir nicht mehr allein, d.h. ohne Posten zur Kantine gehen dürfen. Gegen diese nach unserer Ansicht drakonische Bestrafung haben wir energisch Protest erhoben, zumal auch noch das Baden und die Ausflüge eingestellt werden sollen. Wir wollen sehen, ob es etwas hilft!
Ich habe eine Karte des westlichen Kriegsschauplatzes gemalt, auf der wir mit Papierstreifen unsere Stellungen in Frankreich abgesteckt haben. Alles ist immer gespannt, ob wir die Papierstreifen nicht weiter nach Paris schieben können, wenn neue Zeitungen kommen.
Ein Unteroffizier vom Tempel der Reservebatterie hat mir heute den Nürnberger »Fränkischen Kurier« von Mitte bis Ende September gebracht. Diese heimatliche Zeitung hat mich natürlich sehr interessiert. In den spärlichen Verlustlisten – das gab es damals noch! – habe ich nur sehr entfernte Bekannte gefunden!

Das Verbot ist heute, am 3. Januar 1915, wieder aufgehoben worden; die beiden Unteroffiziere aber bleiben bestraft, angeblich gibt es nur alle fünf Tage warmes Essen und Trinken, sonst nur Wasser und Brot!
Heute haben wir in unserm Garten, unter Lebensbäumen versteckt, die ersten Veilchen gepflückt. Ich erwähne diese an sich gleichgültige Tatsache nur, weil diese Blume zuhause den Frühling anzukündigen pflegt, den man so sehr herbeisehnt.

Am 4. Januar 1915: Man erlebt hier so wenig, dass man schon Kleinigkeiten erzählens- und bemerkenswert findet!
Als wir heute, ein paar Bierflaschen im Arm, von der Kantine kamen, sprach uns ein japanischer Student an; er fragte auf deutsch, wie uns das Bier schmeckte, ob es uns gefiele usw. Er wollte auch nach Deutschland; aber da sei der Krieg inzwischen gekommen, und er hoffe, seine Absicht in diesem Jahr verwirklichen zu können. Soweit war er gekommen, als der Posten dazwischenfuhr, da es den Zivilisten nicht gestattet war, sich mit uns, noch dazu auf Deutsch, zu unterhalten.
Es sollen zwei deutsche Lehrinnen hier sein – wir haben noch nichts von ihnen gesehen! Besuche von Frauen und Kindern, auch Verwandten der Kriegsgefangenen sind gestattet, müssen aber vom Kriegsministerium genehmigt werden.
Eine Abneigung oder ein Hass gegen Deutschland ist hier, vor allem bei den Zivilisten, kaum zu verspüren. Der Japaner behauptet, Tsingtau nur deshalb angegriffen zu haben, um der Bündnispflicht gegenüber England zu genügen. Kann man aber dem Japaner, der in einem relativ kohle- und erzarmen Land lebt, verübeln, dass er sich Schantungs bemächtigt hat, von dem der Ruf ausgeht, dass es Kohle und Erze besitzt?
Zur Zeit wird oft die Frage erörtert, ob die Japaner Tsingtau behalten oder ihrem Versprechen gemäß an China zurückgeben werden. Ich glaube das erstere! (In der Tat ist ja Japan erst 1922 durch die Amerikaner gezwungen worden, Tsingtau herauszugeben!) Deutschland müsste sich also an England halten, da an einen Krieg mit Japan nicht zu denken ist.
Vorläufig ist den Nichtkombattanten unter den Deutschen noch gestattet, in Tsingtau zu bleiben; aber man wird schon einen Grund finden, sie auf »anständige« Weise zu entfernen.
Heute habe ich mit Eckart Schach gespielt, und wir haben beschlossen, es öfter zu tun, weil man gezwungen ist, scharf nachzudenken und die Gedanken zu konzentrieren.

Gestern, am 5. Januar 1915, war wieder einmal ein japanischer Oberst da. Ich glaube, dass wir jedem höheren Offizier vorgeführt werden, der hier durchkommt!

Heute, am 6. Januar 1915, bekam unser Bankkamerad Vollweiler, genannt Meck, in einem Paket unter anderem eine Dose Bismarckheringe – ein köstliches Gericht, und unter den Dosen eine Flasche Cognak, die unter der Marke »Wein« durch die Zensur gerutscht war! – Sonst nichts Neues!

Am 7. Januar 1915 war der Geburtstag unseres bayerischen Landesherrn, woran unser Tempelältester in einer kleinen Ansprache erinnerte. Es goss den ganzen Tag in Strömen!
Einige Kisten Post sollen da sein, aber bei der mangelhaften Zensur kommt nur wenig durch. Schon ist verboten worden, Post abzugeben, bis die aufgelaufene aufgearbeitet ist! In anderen Lagern soll es in dieser Hinsicht sehr gut sein; wir haben jedenfalls darunter zu klagen, dass unsere Post von Ende Juli erst jetzt von Wladiwostok nach Tientsin durchgegeben sein soll.

Mit dem U.v.D. (Unteroffizer vom Dienst), der ich am 9. Januar 1915 war, ist nur die Unannehmlichkeit verknüpft, dass man um 7 Uhr aufstehen und die Mannschaften wecken muss; auch muss man sie zum Kaffee, Mittag- und Abendessen zum Tempel III führen – im Ganzen sind wir fünf Tempel. Einer von uns vieren muss abwechselnd Kaffee kochen, da man den japanischen grünen Tee auf die Dauer nicht trinken kann.
Übrigens machen wir keinen »Dienst« mehr, weil die Mannschaften sich jetzt auf andere Weise beschäftigen.

Der 11. Januar 1915 war für mich ein großer Freudentag! Ich habe nämlich die erste Post bekommen: von Mutter vom 5. August 1914. Aber ich habe darin erfahren, dass Vater in Würzburg ist und mein Bruder Werner dort beim 2. Feldartillerie-Regiment genommen ist. Ob ich nun auch von E. Post erhalte?!
Am Abend kam aus Kobe ein Fresspaket an, das wir schon im November 1914 bestellt hatten: Würstchen mit Sauerkraut, Kakao und ganz unten eine Flasche Rum und Angostura. Von jenem haben wir uns gleich einen feinen Grog gebraut zu unserm solennen Poker, den wir um niedrige Einsätze fast jeden Abend spielen. Ich habe übrigens dieses Glücksspiel erst hier kennen gelernt!

Heute vor einem Jahr, am 12. Januar 1913, sind wir in Cuxhaven abgefahren. Ich erinnere mich noch genau, als ob es gestern gewesen sei: die Verabschiedung durch Major von Bernuth, die wunderschöne Ausreise mit der Patricia, die wechselnden Eindrücke in den verschiedenen Häfen; dann die stramme Ausbildungszeit und das Wohnen in der Kaserne und in der Stadt Tsingtau, das anstrengende Kompagnie-Exerzieren, den interessanten Felddienst; am 1. August 1914 die Mobilmachung mit fünf Wochen Wache im Infanteriewerk, mit sechs Wochen im Gelände und dem Rückzug am 28. September 1914 in die Festung Tsingtau. Schließlich kam der Bau unserer Stellung, die Beschießung von Land und See, endlich Tsingtaus Fall und – der Marsch in die Gefangenschaft! Wo werden wir in einem Jahr sein?!

Gestern [13. Januar] war es »eiskalt«, ein rauher Wind blies durch unsere Papierfenster, sodass wir an der Wetterseite Decken in das schöne Holz genagelt haben; denn das Holzkohlenfeuer, das wir so gut als möglich in Glut hielten, erwies sich als ganz ungenügend. Wie müssen die Einheimischen frieren, die immer nur ihre Hände über einem Hibatchi wärmen!

Erstaunt waren wir aber, als wir am 14. Januar 1915 aufwachten und alles mit Schnee bedeckt war, über fünf Zentimeter hoch! Ich hätte nie gedacht, dass es hier schneien würde, wo die Palmen und die Kamelienbäume im Freien stehen, wo die Mandarinen an den Zweigen hängen und die Goldfische lustig im Teich schwimmen. Als gegen Mittag die Sonne herauskam, war die ganze Herrlichkeit vorüber!

Trotz des schmierigen Wetters zogen wir heute, am 15. Januar 1915, los, zwar nur ein kleines Häuflein, da der Schmutz viele abgehalten hatte; aber man musste wieder einmal die Beine vertreten und den mit Kohlendunst geschwängerten Lungen frische Luft zuführen.
Es ging zu einem kleinen Übungsplatz der Infanterie, wo ein Dauer- und Wettlauf Blut und Beine in Bewegung brachte. Wie üblich sollte es von da wieder nach Hause, aber unser Ober ließ sich erweichen und führte uns auf den unvermeidlichen Hana-okayama (Blumenberg). Es war zwar eine Anstrengung bei dem glitschigen Boden, aber umso mehr wurden wir durch die Aussicht belohnt. Die Landschaft hatte ein winterliches Aussehen, in der Ferne sah man die schneeweißen Berge und gegen Westen sogar das Meer.

Der übernächste Tag war wieder ein Sonntag, der 17. Januar 1915, ein langweiliger Tag! Ich bekam eine Karte aus München vom 28. Juli 1914 von Drescher/Giegler (ein paar Wochen später war dieser gefallen!): »Wir sitzen begeistert beisammen, Deutschland über alles in der Welt«.« Unsereiner aber ist hier draußen und muss sich von den Japsen gefangen nehmen lassen. Zwar leben wir in einer großen Zeit, aber wir haben sie kaum erlebt!
Man hat hier draußen das Gefühl, als sei zuhause alles anders geworden, nicht nur die Lebensverhältnisse, auch die Menschen. Mit einem Schlag sind Parteienhass und Klassenunterschiede verschwunden, alle haben nur einen Gedanken: Deutschland muss siegen! Wenn man die Zeitungen liest, glaubt man nicht, dass es noch dieselben sind, die sich begeiferten, die mit dem Ausland liebäugelten. Man hat die Deutschen mit den Römern verglichen, hat das deutsche Volk als verweichlicht hingestellt und behauptet, dass die Sozialdemokraten nie in einen Krieg ziehen würden. Nun ist das alles anders gekommen, und der kühnste Optimist hätte derartiges nicht vorausgesehen!

Ein herrlicher Tag war heute, am 18. Januar 1915. In der Frühe war der Boden leicht gefroren, den die Sonne bald wieder auftaute. Kein schöneres Wetter konnten wir uns also für den Tagesausflug wünschen, den alle Kriegsgefangenen Kumamotos zum Kimbo-san unternehmen sollten, den wir über die Felder hinweg von unserm Zimmer aus sehen konnten. In den Brotbeutel kamen Brot, Wurst, Ölsardinen, Mandarinen, außerdem Fleisch, das die Küche mit ein paar Kartoffeln in sauberes Papier eingewickelt hatte. Die Kapelle musste ihre Instrumente mitnehmen, ohne die es unser Ober nicht tat.
Durch reizend gelegene Ortschaften, Bambus- und Zedernhaine gingen wir mühelos hinan zu einem Pass, wo die Amida-ji-Leute, aber nur bis zum Feldwebel, zu uns stießen. Es gab nun den eigentlichen Aufstieg, steil und beschwerlich, weil wir infolge des Schnees immer einen halben Schritt zurückrutschten. Außerdem hatten wir so wenig Bewegung, dass die Glieder fast eingerostet waren und das Herz so stark klopfte, dass wir alle 100 Schritte eine Pause einlegen mussten. Aber nach zweieinhalbstündigem Marsche waren wir um halb 2 Uhr auf dem Gipfel, wo uns ein Tempel in einem uralten Hain grüßte.
Eine herrliche Aussicht belohnte unsere Mühe, als wir schweißtriefend oben ankamen und die Sonne es recht gut mit uns meinte. Auf der einen Seite lag Kumamoto mit dem silbernen Band des Shiragawa (gawa = Fluss), dahinter das graue Gebirge mit dem qualmenden Aso-san, auf der anderen Seite war zwischen lauter grünen Tupfen der Shinagara-Golf und die Onsendake-Halbinsel mit den heißen Quellen – nur 6 Stunden von Nagasaki entfernt. Ein leichter Dunst lag über der Gegend, die schön und lieblich aussah!
Nebenbei sei bemerkt, dass wir gut und reichlich frühstückten!

Gegen 1 Uhr mittags rückten wir ab, quer den Berg hinunter, denn hier hatte kein Verschönerungsverein Zickzackwege angelegt. Es war eine tolle Hetze, allen voran der Ober, der tüchtig und ausdauernd laufen kann, wir hinterdrein. Die Reihe wurde immer länger, und schließlich trollten wir zu zweit allein durch die Gegend, bis wir am Fuß des Berges wieder unsern Ober trafen. Der Abstieg nach dieser Seite war schöner als der Aufstieg, denn er führte durch terrassenförmig gebaute, saubere Dörfer mit kleinen Palmen- und Mandarinengärten.
Eine Viertelstunde dauerte es, bis alle beisammen waren, und noch eineinhalb Stunden marschierten wir, die Kapelle an der Spitze, zum Schluss auf der Straße, die zum Manari-Tempel führt.
Um 4 Uhr kamen wir todmüde wieder in unserm »Gefängnis« an, wo ich einen Brief von M.B. vorfand. Zwar war der Brief vom 28.7.1914, aber ich freute mich trotzdem sehr!

Wieder war heute, am 19. Januar 1915, ein Oberst da. Wir mussten bereits um halb 8 Uhr aufstehen, was uns umso schwerer fiel, als wir von der gestrigen, ungewohnten Anstrengung Muskelschmerzen in den Beinen hatten!

Heute, am 20. Januar 1915, hat Vollweiler wieder eine »Ladung« von seiner Braut aus Shanghai bekommen und uns zu Anchovis mit »Medizin« eingeladen. Die Fischchen verursachten aber einen Riesendurst, und so blieb es nicht bei der Medizin alias Cognac; wir vertilgten vielmehr mit Hilfe einiger Mittrinker eine Kiste Bier von 48 Flaschen! Die Folge war natürlich eine ganz kleine Trunkenheit, die glücklicherweise bei den Nüchternen keinen Anstoß erregte, vielmehr zu allgemeiner Fidelität Anlass gab!

Trotz der Trinkerei hatte ich am nächsten Tag, am 21. Januar 1915, einen klaren Kopf!
Die Post brachte mir heute eine große Überraschung: endlich einen Brief von E., zwar auch vom 28. Juli 1914, aber doch eine große Freude; ferner zwei Briefe von Vater, und zwar vom 28. Juli und 15. August 1914. Der letztere ging über unsern Vertreter in Amsterdam und trägt eine Menge Stempel. Aus diesen Briefen ging hervor, dass Vater in Würzburg das Landwehrbataillon zusammengestellt hat und Landsturm ausbilden wird. Während er vermutlich nicht an die Front kommt, rückt mein jüngerer Bruder Werner, der noch nicht gedient hat, mit der ersten Ersatzbatterie aus und wird hinter der Front ausgebildet.
Infolge der Mobilisierung ist mir am 1. August 1914 das schwarz-weiß-blaue Band der Münchener Schwaben wiedergegeben worden, auf das ich im Herbst 1912 studienhalber verzichtet hatte.
Über das Schicksal Tsingtaus war man sich anscheinend in der Heimat nicht klar, jedenfalls hat man von Japan keine Gefahr erwartet. Ich hoffe nur, auch Briefe aus späterer Zeit zu erhalten, sonst muss ich von diesen zehren! – Im Übrigen nichts Neues!

Heute, am 22. Januar 1915, wurden wir geimpft. Ich hatte zwar erst vor einem Jahr diese Prozedur über mich ergehen lassen, aber schließlich konnte es nicht schaden. Im Übrigen hielt es wie bei uns der junge Militärarzt mit der Hygiene nicht genau. Jod und Salicylpulver scheinen auch hier die Medikamente zu sein, die helfen sollen. Hoffentlich kommt man diesen Leuten nicht in die Finger!

Am 23. Januar habe ich einen Brief geschrieben, den die nach Deutschland fahrende Frau eines Reservisten mitnehmen soll. Ich will nicht die Zensur umgehen, sondern hoffe, dass der Brief früher in die Hände meiner Eltern kommt. Wir dürfen wöchentlich einen Brief und eine Karte schreiben, was nach unseren Begriffen zu wenig ist, aber mit der mangelhaften Zensur zusammenhängt. Man muss mit dem Wenigen zufrieden sein und denkt nur, ob es noch lange dauern wird.
Heute wurden wir wieder zum Fußballplatz ausgeführt, aber ich blieb zuhause, um eine Karte von England zu beginnen, weil es nach den Zeppelinangriffen auf die Strandforts so aussieht, als ob es auch drüben losginge.
In Frankreich scheinen wir einen Sieg von größerer Tragweite erungen zu haben, was auch die englischen Blätter zugeben. In Deutschland ist man schon ungeduldig, wenn man von einem Kriegsschauplatz nichts Bedeutendes hört; mit umso größerer Spannung sind wir geladen, da ja mit jedem Sieg das Ende unseres Zustandes, der Kriegsgefangenschaft, näher rückt! Und das ist es ja, was wir alle herbeisehnen!

Heute früh, am 24. Januar 1915, ließ uns unser Ober Adachi unerwarteter Weise antreten. Er zählte ab, aber den Grund erfuhren wir erst später: Vom Tempel Amida-ji sind nämlich vier Leute ausgerissen, die man noch nicht erwischt hat!
Es ist uns schon angekündigt worden, dass die Patrouillen verschärft kontrollieren würden, manche Freiheit und Erleichterung wird uns genommen werden. Insofern ist die Sache für uns unangenehm, aber wir wünschen doch, dass die vier Leute entkommen; sie werden nämlich schwer bestraft, wenn sie ergriffen werden, und wir haben es nicht besser. Schleierhaft ist uns allerdings, wie die vier von der Insel wegkommen wollen, die rings vom Meer umgeben ist!
Sonst war es ein langweiliger Sonntag, an dem ich viel gelesen habe, da neue Bücher- und Zeitungssendungen aus der Heimat gekommen sind.

Wie zu erwarten war, sind die Vier –- es soll sich um drei Vizefeldwebel und einen Deckoffizier handeln – noch gestern Abend erwischt worden.
Heute ist der 25. Januar 1914. Es sollen ihnen mindestens zwei Monate Gefängnis drohen, worauf sie bei Antritt ihrer Flucht wohl vorbereitet waren. Nachmittags hatten wir ein schönes Konzert im Garten, einer der Reservisten hatte sich nämlich einen recht guten Phonographen kommen lassen, und so hörten wir Emmy Destinn und Caruso auf Platten in Carmen, Bajazzo, Salome, Lohengrin usw. Welch ein Genuss, da man so lange den Besuch eines Theaters oder Konzerts entbehren musste! Die Musik geht mir überhaupt sehr ab, meine geringen »Talente« werden ganz und gar verkümmern. Denn wenn man kein Klavier hat, entbehrt man die Musik doppelt.

Von gestern habe ich heute, am 26. Januar 1915, noch nachzutragen, dass um 5 Uhr unser Tempelältester einen Dichterwettstreit ausgeschrieben hatte, und zwar für die morgige Kaisergeburtstagsfeier. Außer Eckert und mir, die das Weihnachtsgedicht verbrochen hatten, wurde noch Eggerss von Tempel IV aufgefordert. Leider bekamen wir nur den 2. Preis: eine Anerkennung und zwei Eier! Das Gedicht von Eggerss wird also morgen vorgetragen.
Die erste Folge der Flucht: Die Posten ziehen nicht mehr wie bisher mit aufgepflanztem Seitengewehr auf, sondern angeblich mit geladenem Gewehr. Auch sind die Posten an den Straßenecken wieder aufgestellt worden, sodass wir nicht mehr frei von Tempel zu Tempel gehen können.

Kumamoto, 27. Januar 1915 – Kaisers Geburtstagsfeier! — Im vorigen Jahre feierten wir diesen Tag in der Gluthitze des Roten Meeres, in diesem etwas kühler in den heiligen Tempeln Japans!
Wieder einmal war ich Unteroffizier vom Dienst und musste als solcher den ganzen Vormittag zwischen unserm Tempel und dem Tempel II hin und her sausen, um die Mannschaften zur Kantine zu führen. Es gab nämlich pro Mann als Ergebnis einer Sammlung der Offiziere und der Ostasiaten zwei Yen, wofür Mandarinen und Bier gekauft wurden. Von der japanischen Regierung gab es übrigens eine Flasche Bier und fünf Migans, von der Küche den üblichen Reiskuchen.
Nur auf kurze Zeit konnte ich der Einladung der Unteroffiziere der Feldbatterie zu einem Frühschoppen Folge leisten: Es gab im Tempelgarten einen Aperitif für mich, der zu spät kam, aber nur ein Bier und ein Gänseschmalzbrot.
Zum Mittagessen machten wir uns Spiegeleier mit Speck, denn das japanische Essen kann man umso weniger genießen, wenn man einen Blick auf die Küchengeräte geworfen hat!

Um 2 Uhr nachmittags versammelten wir uns im Tempelhof, wo Martin eine kurze, wieder kernige Ansprache hielt, die mit einem Kaiserhoch ausklang. Dann nahmen die Unteroffiziere sämtlicher Tempel die Parade der Mannschaften ab, ohne die es bei militärischen Veranstaltungen nun einmal nicht geht. Man muss sagen, dass diese Parade gut klappte, in Anbetracht des Fehlens der Musik und der Steifheit der Beine!
Im Garten hörten wir noch ein Grammophon-Konzert, und um 3 Uhr waren wir zu einer Vorstellung im Tempel II, dem Kantinentempel, eingeladen. Die Bühne war aus Decken und Tischen konstruiert, Stühle und Bänke (woher?) dienten als Sitzgelegenheit. In der vordersten Reihe des Publikums saßen die Japaner: der Major, der Hauptmann, der Ober, der Zensor Dr. Kasai und verschiedene Reporter; auch ein Photograph war erschienen!
An einen Prolog schloss sich die Begrüßung durcn den Tempelältesten und die Kaiserhymne [an], die auch die Japaner stehend anhörten. Theaterstücke und Gesangsvorträge wechselten in bunter Reihenfolge. Zwei Moritatensänger verulkten in ihrem Jahresbericht 1914/5 auch die Japaner, die mit 60.000 Mann über das kleine Tsingtau hergefallen seien. Aber die Japaner schien dies nicht zu beleidigen, sie lachten vielmehr, vor allem der Major, herzhaft über die Späße, die sie wohl garnicht verstanden haben.

Die Vorstellung dauerte bis halb 6 Uhr. Ich musste die Leute wieder zum Essenholen führen: Es gab gebratenes Fleisch und Kartoffeln. Inzwischen hatten zwei gelernte Köche einen Schinken, Eier, Sardinen, Butter und Käse zu ein paar hundert Brötchen verarbeitet, die unsern Gästen als kleiner Imbiss dienen sollten. Diese versammelten sich um halb 8 Uhr in unserm Heiligtum: Wieder die Japaner und sämtliche Unteroffiziere der übrigen Tempel. Auch bei uns war ein Teil des Tempels als Bühne eingerichtet, während Bänke als Sitze dienten.
Das Programm war reichhaltig und umfasste eine Ansprache, Vorträge der Kapelle, von Couplets, turnerische Vorführungen etc., im ganzen 22 Nummern!
Da den Mannschaften nur primitive Mittel zur Verfügung standen und die Verkleidungen aus Papier und Karton gemacht werden mussten, war alles sehr schön anzusehen. Die Musiker waren als Studenten verkleidet, die Stücke waren gut eingeübt, die Begleitung klappte, und auf ein paar falsche Töne kam es schließlich nicht an.
Unter den Leuten waren ein paar Coupletsänger, die ihre Lieder recht gut vortrugen und denen eine entsprechende Verkleidung zur nötigen Wirkung verhalf.
Besonders schön waren die turnerischen Vorführungen, ein Stabreigen, der sehr exakt produziert wurde und die »Evolutionen« an den Ringen, die sich die Leute aus mit Tuch umwickeltem, mehrfachem Draht selbst hergestellt hatten.
Zwei Theaterstücke konnten nicht aufgeführt werden: »Die Nacht«, weil es inzwischen hell geworden war, und »Die Räuber« wegen Unpässlichkeit des alten Moor!
Während der Pause wurde den Gästen die Zusammenstellung der Brote nebst Bier und Cigaretten gereicht. Um 10 Uhr sollten uns die Unteroffiziere der anderen Tempel verlassen, aber die Vorstellung dauerte bis halb 12 Uhr, und so wurde ein Auge zugedrückt – erst um halb 1 Uhr verließ uns der letzte Gast!
Ruhig wurde es bei uns noch lange nicht, denn ohne Alkohol gibt es eben kein Fest, und es dauerte lange, bis wir endgültig zum Schlafen kamen! So feierten wir Kaisers Geburtstag sicher schöner, als es die Heimat dachte.

Da ich gestern nicht viel getrunken hatte – mir widersteht merkwürdigerweise das viele Bier– fiel mir heute, am 28. Januar 1915, das Aufstehen nicht schwer: Pünktlich um 7 Uhr wachte ich auf und weckte, da ich bis 10 Uhr Dienst hatte, meine Kaffee- und Brotholer, wenn auch mit einiger Schwierigkeit, da die anderen schlafen durften.
Wie immer nach solchen »Festtagen« herrschte eine mehr oder minder große Kater-Stimmung.
Nachmittags war bei einigen von uns »Bruder Österreich«, d.h. ein Teil der Maate der Kaiserin Elisabeth, zu Gast. Erst war ein Grammophon-Konzert, das wohl am Abend vorher verabredet worden war, und ein Violinvortrag, dann ein ziemliches Besäufnis, das uns aber nicht berührte. Unangenehm war nur, dass wir nicht gewohnter Weise um 9 Uhr schlafen gehen konnten. Wir spielten daher in einer Ecke einen kleinen Poker und suchten erst um halb 1 Uhr bei völliger Ruhe unser Bett auf.

Am 29. Januar 1915 waren wir nachmittags bei den Kameraden des Tempels IV zu einem Glas Bier. Auf dem Rückweg kauften wir ein Stück Lachs, den wir am Abend in Salzwasser kochten – also wieder etwas Neues!
Das Essen ist in der letzten Zeit etwas besser geworden, es gibt sehr oft gebratenen Fisch oder Fleisch, aber auf die Dauer ist es langweilig. Nun wird in unserm Tempel eine Küche gezimmert, in der unsere eigenen Leute kochen sollen. Um 9 Uhr kamen die bei »Bruder Österreich« Gegengeladenen zurück – etwas bläulich, es wurde aber bald Schluss!

Am nächsten Tag, am 30. Januar 1915, habe ich notiert: Ich erinnere mich noch, dass meine Mutter mir das Kaffeekochen beibringen wollte, da man das beim Militär brauche. Nun – das haben wir schnell gelernt, und heute wagen wir uns schon an schwierigere Sachen, z.B. Pfannkuchen. Aber es war eine Riesenarbeit, zwölf Stück auf dem kleinen Hibatchi zu backen. Mir tut das Kreuz weh, wenn ich daran denke!
Als ich gerade beim Teig-Anmachen war, wurde mir ein Brief meines Vaters vom 9. November 1914 überreicht, also zwei Tage nach dem Fall von Tsingtau! Der Brief war aus Lüttich, wo mein Vater bei der Besatzungstruppe steht. Meinem Bruder Werner, der in Lothringen seine Feuertaufe erhielt, scheint es auch gut zu gehen. Weitere Briefe sind in Aussicht gestellt. In der Zwischenzeit hatte mein Vater das Schreiben als aussichtslos unterlassen. Ich glaube, ich werde in Zukunft über Holland schreiben, vielleicht geht die Post dann schneller!

Sonntag, der 31. Januar 1914 – es gießt in Strömen, was es kann.
Heute bekam ich die angenehme Mitteilung, dass mein Konto bei der DAB [Deutsch Asiatischen Bank] in Tsingtau in Höhe von Yen 119,20 überwiesen sei. Davon bekommen Siemens-Schuckert Yen 50, der Rest wird auf Postsparbuch gutgeschrieben und seit der Ausreißerei nur in 10-tägigen Raten â 20 Yen ausbezahlt.
Die vier Männer sitzen übrigens noch immer in Untersuchungshaft!

Heute, am 1. Februar 1915, kann man sagen: »Auf Regen folgt Sonnenschein«" Aber die notwendige, gründliche Reinigung unserer Stube findet nicht statt, weil die Luft zu feucht ist; der Haupttempel wurde schon am Samstag gesäubert.
Wir werden jetzt jede Nacht von einer japanischen Patrouille revidiert und genau abgezählt, was ziemlich lästig ist, weil wir wach werden, wenn die Soldaten ihren schmalen Weg zu unsern Füßen suchen und jedem ins Gesicht leuchten. Das haben wir den Ausreißern zu verdanken! Das geladene Gewehr ist übrigens wieder abgeschafft.
Es gehen wieder tolle Gerüchte um: Die englischen Zeitungen sprechen von einem Ultimatum Deutschlands an Italien, und die Italiener sollen schon mit den Österreichern Zusammenstöße gehabt haben. Rumänien soll zugunsten des Dreibundes (Wer gehört ihm an?) losschlagen, wir sollen ungeheure Verluste in Frankreich erlitten haben, auch zur See und was dergleichen schöne Dinge mehr sind.
Der in Shanghai erscheinende »Ostasiatische Lloyd«, den ich heute Abend las, ist, weil deutsch, eine angenehmere Lektüre. Auf die Engländer bekommt man eine Wut, dass man nur hoffen kann, es hört nach Kriegsende die Liebedienerei gegen die Vettern jenseits des Kanals auf!
Heute wurden die Geimpften kontrolliert, aber bei den wenigsten waren die Pusteln aufgegangen: Entweder taugte die Lymphe nichts, oder die Betroffenen haben die weggewischt.

Wieder plätschert heute, am 2. Februar, der Regen, sodass man keine Lust hat, aufzustehen. Aber da es doch sein muss (warum eigentlich?), gibt man sich einen Ruck und dem Kopf eine Schüssel kalten Wassers: Das Tagewerk kann beginnen – zuerst Frühstück!
Regen – Regen – Regen!
Nachmittags bekam ich mein Geld, d.h. nur 40 Yen, der Rest bleibt als Spareinlage. Gleichzeitig erhielt ich die Nachricht, dass mein Tsingtauer Akkreditiv auf die DAB in Kobe übertragen sei, sodass ich nicht mehr in Geldnöten bin.

Heute, am 3. Februar 1915, ist das Wetter besser geworden. Wir haben deshalb eine gründliche Reinigung unserer Stube vorgenommen: Alles wurde herausgestellt, auch die genormten tatamis, die Strohmatratzen, die nur auf dünnen Brettern liegen, unter denen der Wind lustig durchpfeift, schließlich unsere Bettmatratzen, die mit Stroh gefüllt sind und die man aus den Kasernen nach Japan transportiert hat. Kein Wunder, wenn wir in unserm Pfahlbau bei kühlem Wetter keine warmen Füße kriegen!
Es liegt eine richtige Spannung in der Luft, eine Nervosität, die sich in verschiedenen Explosionen äußerte.
Nachts regte es in Strömen, ein tüchtiger Wind hob an.
Wir haben fast keine Bewegung mehr.

Am nächsten Tag, am 4. Februar 1915, regnet es immer noch. Unser Gärtchen ist schon ein kleiner See geworden!

Auch heute, am 5. Februar 1915, weht ein kalter Nordwind, sodass es in unserer Bude trotz des Holzkohlenfeuers recht ungemütlich ist.
Vorgestern haben wir uns Kartoffelsalat mit Speck gemacht; ich erwähne dies nur deshalb, weil wir seit einem halben Jahr keinen Salat mehr bekommen haben und man sich kaum vorstellen kann, welch erlesener Genuss dies war.
Nachmittags war ich zu Gast in Tempel IV – sonst nichts Neues!

Am 6. Februar 1915 war es wieder recht kalt!
Nachmittags machten wir Mandarinen-Jam, was recht umständlich war, da wir nur den kleinen Hibatchi zur Verfügung hatten. Aber wir bekamen wenigstens wieder einmal frische Marmelade.
Für unser eingelegtes Geld bekommen wir bekanntlich ein Sparbuch der Post, die das Geld mit 5 % verzinst. »Post serr gutt«, meinte der japanische Kantinier, »Bank 7 % nicht gutt!« Nach unsern Begriffen, da man 3 bis 3,5 % für Staatsanleihen bezahlt, sind diese Sätze sehr hoch.
Ich lerne jetzt englische Grammatik und will sehen, wie lange es anhält!

Der nächste Tag, der 7. Februar 1915, war wieder einmal ein Sonntag! So geht eine Woche nach der andern vorüber, schneller als man glaubt. und noch ist ein Ende unserer Gefangenschaft nicht abzusehen.
Von der Heimat hört man die widersprechendsten Nachrichten, was eigentlich ein gutes Zeichen ist. Denn es dauert immer sehr lange, bis die Engländer die Weisheit durchlassen. Das Schlachtschiff Blücher ist gesunken, Lion und Tiger sollen abgesackt sein – es wäre fein, wenn das wahr wäre.3 So sind wir eben über alles im Ungewissen. Von den Landfronten hört man überhaupt nichts mehr, es ist, als ob die Truppen wie im Mittelalter Winterquartiere bezogen hätten. Der Frühling wird wohl manche Neuigkeit bringen.
Die nächtlichen Patrouillen sind recht lästig! Sie übertreiben manchmal ihre Pflicht, zu zählen, ob wir noch alle da sind. Die Aufwachenden schimpfen natürlich und wecken die Schlafenden auch noch auf.
Nachmittags war ich in der Stadt, um eine Armbanduhr zu kaufen. Der Oberleutnant, der uns begleitete, meinte spaßhaft: »Jetzt ich Uhrenhändler, dann Post kommen, ich Postbeamter, nächste Woche, Schneider kommen, ich Schneider!«
Der Kaiser von Japan ist am 1. August geboren, man feiert aber seinen Geburtstag erst am 31. Oktober, weil es im August zu heiß ist und weil viele in Ferien sind, eine Sitte, die man offenbar den Engländern abgeguckt hat.

Heute, am 8. Februar 1915, wurde das Urteil gegen die Ausreißer bekanntgegeben: drei erhielten ein Jahr, einer 10 Monate Gefängnis! Wahrscheinlich müssen sie bei schmaler Gefängniskost Tüten kleben, was besonders im Sommer sehr unangenehm sein kann. Das Urteil ist so scharf, dass anzunehmen ist, die Ausreißer hätten bei ihrem Fluchtversuch noch andere Delikte begangen.4

Kumamoto, am 9. Februar 1915. – Vorige Woche schrieb ich auf Veranlassung meines Vaters an meinen Landsmann Blickle in Shanghai. Heute erhielt ich einen sehr liebenswürdigen Brief, in dem er schreibt, dass er mich längst in den Gefangenenlisten gesucht und in – Tokyo gefunden hätte. Er hätte dorthin sofort eine Weihnachtskiste geschickt und nach einigen Wochen den Dankesbrief eines Matrosen Erich Fischer erhalten, der ihn zwar nicht kannte, aber über die Sendung hocherfreut war!
Ich habe also einen Namensvetter in Tokyo und kann es mir erklären, dass viele meiner Briefe den Stempel des dortigen Auskunftsbüros tragen. (Übrigens hat sich auch später in Deutschland herausgestellt, das ich mit dem Matrosen in Tokyo verwechselt wurde!)
In dem Brief würde mir eine Kiste avisiert, auch schickte mir Herr B. Zeitungen, u.a. die »Frankfurter«, was ich als eine besondere Liebenswürdigkeit empfand, da hier draußen niemand an mich denkt. Übrigens haben sich meine Eltern bei ihm nach meinem Schicksal erkundigt!
Das Wetter hat sich gegen Nachmittag etwas aufgeheitert, und die Stimmung ist gleich besser geworden.

Am nächsten Tag, am 10. Februar 1915, strahlte die Sonne wieder in voller Pracht, sodass wir tüchtig lüften konnten.
Nachmittags waren Schuster und Schneider da, bei denen ich ein paar Halbschuhe und einen Khakianzug bestellte, damit ich etwas für den Sommer hätte und nicht immer in den Knobelbechern herumlaufen muss! Anschließend ging ich mit Eckert zu Tempel IV, wo ich Domino spielte, Zeitungen las und auf Einladung von Gericke zum Abendessen blieb. Die Herren haben es dort viel besser als wir: Es sind nur neun Reserveunteroffiziere, die zusammen eine gemütliche Messe haben; wir aber sind 27 aktive und inaktive Unteroffiziere mit den verschiedensten Lebensanschauungen.
Nach dem Abendessen spielten wir einen kleinen Poker, und erst um 9 Uhr gingen wir ohne Belästigung durch den Posten zu unserm Tempel zurück – um eine Abwechslung in unserm eintönigen Leben reicher!

Denn eigentlich war es ja langweilig, wie heute am 11. Februar 1915. Aber man findet immer wieder Stoff zum Tagebuchschreiben und sei es nur über das Wetter, das wieder einmal sehr trostlos ist.
Ich stehe jetzt immer als einer der Ersten sehr früh, d.h. um dreiviertel 8 Uhr auf. Da seit der Ausreißerei die Ausflüge (fast) aufgehört haben, haben wir zu wenig Bewegung und essen zu gut! Also werde ich Schlafen und Essen etwas einschränken, wenn ich auch länger »herumlungern« muss.

Heute, am 12. Februar 1915, kam das avisierte Paket aus Shanghai an. Man muss die Pakete selbst von dem eine halbe Stunde entfernten Tempel Amida-ji holen, und schon manchmal hatte ich die Paketholer neidisch betrachtet. Heute war ich also selbst dabei!
Herr Blickle schickte mir als nachträgliches Weihnachtspaket lauter »gute Sachen«, offenbar von seiner Nichte Tellert selbst gebacken! Gleichzeitig kamen in zwei Kisten aus Kobe die von uns bestellten Lenzburg-Konserven, Hokkaido-Käse, Essig, Öl und – Cognac an. Von dieser Flasche ist schon nichts mehr da.
Abends gab es nach dem Essen guten schwarzen Kaffee – auch aus Kobe – und Blickles Süßigkeiten.
Eckert hat aus Deutschland einen Brief vom 13. Januar 1915 erhalten; der Brief war also kaum einen Monat unterwegs. Auch ich erwarte wieder Nachrichten. Ob alle Briefe erst nach Tokyo gehen?
Die DAB Kobe hat mir die bis jetzt abgehobenen Mark 1.200.– mit Yen 558.– gutgeschrieben, also zu einem Kurs von 215, während der offizielle Kurs 205 ist. Es wird hier draußen allgemein geklagt, dass die DAB nicht sehr nobel sei!

Seit langer Zeit haben wir heute, am 12. Februar 1915, wieder einmal Gelegenheit, uns die Beine zu vertreten. Wir waren von halb 2 bis 5 Uhr unterwegs und durften eine kleine halbe Stunde die Schönheiten eines Tempels bewundern. Wie man bei uns alte Kirchen oder Klöster besieht, so macht man hier Ausflüge zu Tempeln, die meist im selben Stil – buddhistisch oder shintoistisch – gebaut sind.
Aber schöne Plätze haben die Japaner für ihre »Gotteshäuser« auch ausgesucht. Das Tempelchen lag nämlich auf einer kleinen Anhöhe, umgeben von kerzengeraden Bambus- und Zedernhainen. Zu Füßen des Hügels sprudelte eine kristallklare Quelle.
Wir lernten neue Teile der Stadt Kumamoto kennen, deren Ausdehnung groß ist, weil die Japaner nur in einstöckigen Häusern wohnen.

Jetzt ist ein neuer Sport bei uns eingerissen: das Hanteln! Ein paar 60 und 140 Pfund schwere Grabsteine sind pietätlos geraubt worden – der Priester wird schön schimpfen! Aber nun wird gehantelt, vorläufig mit großem Eifer – wie lange wird es dauern? Wir haben eben Langeweile und suchen etwas Neues zu entdecken, auf das sich alles stürzt, bis der Reiz der Sache verflogen ist.

Heute, am 14. Februar 1915, kam ein sehr netter Brief von Fräulein Tellert aus Shanghai, in dem wir besonders wegen der großen Langeweile bedauert werden, die wir hier hätten.
Und das ist es ja auch: Man klammert sich an das kleinste Ereignis, als sei es eine Entscheidung von größter Wichtigkeit. Auch in diesem Tagebuch schreibe ich über Sachen, die mir später sicher als lächerlich und garnicht erwähnenswert vorkommen, die aber für uns hier ein »Erlebnis« sind. Bei allem Missgeschick haben wir aber den Humor nicht verloren; nur manchmal hat jeder seine trüben Stunden, und so allmählich kommt man dahinter, dass es dann heißt: »Rühr' mich nicht an!« Eine kleine Portion Leichtsinn lässt uns schließlich die Sorgen vergessen, die man um das Liebe in der Heimat haben müsste, sie dämpft ein wenig die Sehnsucht nach – na eben nach Hause!
Soll ich bei dieser Gelegenheit niederschreiben, was mein Tagebuch berichtet über spielerische Kämpfe von Budengenossen, die letzten Endes nichts anderes waren als ein Ausfluss der Kraft, die wir in uns aufgespeichert hatten?!

Ich übergehe diese Kämpfe und komme zum 15. Februar 1915. Heute und morgen findet in unserer Vorstadt Yokote ein großes Volksfest statt. Infolgedessen ist die Kantine nur bis 11 Uhr auf, und das Essen wird gebracht, nicht geholt. Kurz: das Verlassen des Tempels ist streng verboten, weil viele Landleute in die Stadt kommen, für deren Verhalten in ihrer Trunkenheit die Verantwortlichen nicht bürgen können. In der Tat zeugte der Lärm am Abend davon, dass viele betrunken waren. Um 8 Uhr abends läuteten die Feuerglocken – es brannte in der Stadt! Ein Brand breitet sich natürlich bei den Holz- und Papierbauten leicht aus, weshalb überall elektrisches Licht vorgeschrieben ist. Aus den Häusern ragen die Feuer- und Schatztürme als Steinbauten hervor!

So endet das erste Tagebuch, das ein Vierteljahr der Gefangenschaft enthält. Das neue beginne ich mit dem einzigen Wunsche, dass es das letzte sein möge, das ich in Angriff nehme, und das es zuhause zu einem baldigen, glücklichen Ende kommen möge!
 

Anmerkungen

1. Dass es in Tsingtau vereinzelt zu Plünderungen kam, ist unstreitig, jedoch gehen die Berichte bezüglich der Zahl der (erschossenen) Plünderer weit auseinander.

2. Gemeint ist der 42-cm-Krupp-Mörser (Beiname: «Dicke Bertha«).

3. Bei dem Gefecht auf der Doggerbank (westlich von Helgoland) am 24.1.1915 sank der veraltete deutsche Panzerkreuzer Blücher, während die modernen britischen Schlachtkreuzer Lion und Tiger »nur« schwere Treffer erhielten. Ähnlich wie bei den Falkland-Inseln, wo das ostasiatische Kreuzergeschwader unterging, erwies sich die deutsche Schiffsartillerie als nach Kaliber und Reichweite hoffnungslos unterlegen.

4. Typischer Fall: Das Durchbrechen eines Zaunes wurde japanischerseits als Sachbeschädigung bewertet.
 

©  Hans-Joachim Schmidt (für diese Fassung)
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